Barrierefreies Bauen: Baurecht und Beratung
Anforderungen an die Barrierefreiheit sind fester Bestandteil des Bauordnungsrechts und müssen bei Bauvorhaben erfüllt werden.
Barrierefrei für alle
Behindertengerecht, altengerecht, barrierefrei?
Der Begriff „barrierefrei“ wird in der Bayerischen Bauordnung (BayBO) wie folgt definiert:
"Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind."
Das bedeutet, es gelten weit höhere Anforderungen als die vielfach vorhandene Vorstellung, es genüge ein stufenloser Zugang für Personen im Rollstuhl. Besondere Bedürfnisse von Personen mit Seh- oder Hörschwächen, mit motorischen Einschränkungen sowie groß- oder kleinwüchsige Menschen sind zu berücksichtigen. Zugleich profitieren von barrierefreien Zugängen auch andere Personengruppen wie beispielsweise Menschen mit kleinen Kindern, Kinderwagen oder schwerem Gepäck. Personen, die Probleme mit der Sprache oder kognitive Einschränkungen haben, sollen sich ebenfalls zurechtfinden. Dabei helfen Symbole und Piktogramme. Ziel sollte sein, dass barrierefreies Bauen zum Standard wird, der allen Menschen die Nutzung von Gebäuden erleichtert, unabhängig von der persönlichen Verfassung oder Lebenslage.
Baurechtliche Anforderungen
Prüfung der Barrierefreiheit im Baugenehmigungsverfahren
Für genehmigungspflichtige Vorhaben sieht die Bayerische Bauordnung zwei Prüfverfahren vor, die sich wesentlich unterscheiden. Im Vereinfachten Baugenehmigungsverfahren wurde die Prüfung durch die Behörde vom Gesetzgeber stark eingeschränkt. Es werden lediglich das Planungsrecht, Abstandsflächen und örtliche Bauvorschriften sowie beantragte Abweichungen geprüft. Die Einhaltung aller öffentlich-rechtlichen Anforderungen, wie auch die Vorschriften zur Barrierefreiheit, liegt hier in der Verantwortung der Bauherr*innen. Anders bei Sonderbauten. Das sind Vorhaben, die aufgrund ihrer Größe, eines besonderen Gefahrenpotentials, der Vielzahl von Nutzer*innen oder aufgrund eines besonders schützenswerten Personenkreises im Genehmigungsverfahren vertieft geprüft werden. Sonderbauten sind in der BayBO aufgelistet. Das sind zum Beispiel Hochhäuser, Gaststätten mit mehr als 40 Gastplätzen, Krankenhäuser, Wohnheime, Tageseinrichtungen für Kinder, Menschen mit Behinderung und alte Menschen oder Schulen. Für einige Nutzungen gibt es zusätzliche Vorschriften in eigenen Verordnungen, den sogenannten Sonderbauverordnungen. Dazu gehören ab einer bestimmten Größe Gast- und Versammlungsstätten (VStättV), Hotels (BStättV) oder Läden (BayVkV).
Weitergehende Anforderungen bei Sonderbauten
Im Einzelfall und für Vorhaben, die nach BayBO als Sonderbau einzustufen sind, kann die Bauaufsichtsbehörde weitergehende Anforderungen stellen. Sofern nicht bereits in Sonderbauverordnungen Vorschriften zur Barrierefreiheit festgelegt sind, wird sich die LBK an vergleichbaren Standards orientieren. Gegebenenfalls werden die Anforderungen auf den Einzelfall abgestimmt. Dies sollte rechtzeitig mit der Behörde abgeklärt werden. Studentenwohnheime werden zum Beispiel in der Regel weder als Wohnen im Sinne der Bauordnung noch als öffentlich zugänglich eingestuft. Dennoch ist auch hier die Barrierefreiheit zu berücksichtigen. Soweit diese Vorhaben Sonderbauten sind, legt die LBK weitergehende Anforderungen fest. Danach müssen mindestens zehn Prozent der Zimmer sowie alle Gemeinschaftsräume barrierefrei sein.
Darstellung der barrierefreien Bereiche im Bauantrag
In den Eingabeplänen zum Bauantrag sind die barrierefreien Bereiche und Wohnungen deutlich und mit der erforderlichen Bemaßung anzugeben. Bei der Ausweisung des Flächenbedarfs ist immer die volle Bewegungsfläche als Quadrat darzustellen. Auf dieser Grundlage führt die LBK neben der Planprüfung von Sonderbauten immer wieder Stichprobenkontrollen vor Ort durch. Dies gilt auch für Vorhaben, die im Vereinfachten Verfahren genehmigt oder im Genehmigungsfreistellungsverfahren errichtet wurden.
Anforderungen aus der DIN 18040
Die nachfolgenden Beispiele nennen nur die wichtigsten Vorschriften, die für die Genehmigungsplanung beachtet werden müssen. Sie geben nicht den vollständigen Inhalt der DIN wieder.
Wege
Der Weg von der öffentlichen Verkehrsfläche bis zum Gebäudeeingang muss barrierefrei sein. Bei öffentlich zugänglichen Gebäuden gilt dies auch für alle anderen Wege auf dem Grundstück, die für den Besucher- und Benutzerkreis zugänglich sind. Der Hauptweg zum Gebäude muss eine Mindestbreite von 1,50 m aufweisen. Bei Nebenwegen genügt eine Breite von 1,20 m, Wendemöglichkeiten sind dabei vorzuhalten. Ein fester und ebener Bodenbelag ist so zu wählen, dass eine sichere und erschütterungsfreie Nutzung auch mit Rollstuhl oder Rollator gegeben ist. Spätestens nach 15 m Länge sind Ausweichflächen von mindestens 1,80 m x 1,80 m vorzusehen. Querneigungen dürfen nicht mehr als 2,5 %, Längsneigungen nicht mehr als 3 % Neigung betragen. Kurze Wegstrecken ohne Querneigung von maximal 10 m können Steigungen von bis zu 6 % aufweisen. Darüber hinaus sind bauliche Rampen nach DIN 18040 Teil 1 und 2 zu errichten. Ertastbare Randbegrenzungen an den Wegen und taktil erfassbare Bodenbeläge wie Rillen oder Noppen erleichtern blinden oder stark sehbehinderten Personen die Führung. Wege und Zugänge sind mit einer ausreichenden Beleuchtung und durch die Verwendung von kontrastreichen Materialien zu gestalten.
Beispiel
Eingangsbereich
Durch eine möglichst eindeutige Wegeführung und auch hier gute Beleuchtung und kontrastreiche Gestaltung wird der Eingangsbereich auch für sehbehinderte Menschen leicht auffindbar und gut erreichbar. Sofern eine geneigte Fläche vor dem Eingangsbereich nicht länger als 10 m ist, kann das notwendige Gefälle für die Entwässerung bis zu 4 % betragen. Ansonsten ist eine Längsneigung auf 3 % beschränkt. Die Bewegungsfläche vor der Eingangstür muss eben sein, es ist lediglich die für die Entwässerung notwendige Neigung zulässig. Klingelanlagen, Gegensprechanlagen und Briefkästen sind ebenfalls gut zugänglich und leicht erreichbar zu planen. Dabei ist neben der Höhe auch auf die Funktion nach dem Zwei-Sinne-Prinzip zu achten, also der gleichzeitigen Vermittlung von Informationen für zwei Sinne.
Rampen
Rampen dürfen eine Steigung von maximal 6 % aufweisen. Auf beiden Seiten müssen sich Handläufe und Radabweiser befinden. Am Anfang und am Ende ist ein Podest, sowie alle 6 m eine ebene Verweilfläche von je mindestens 1,50 m Länge vorzusehen. Der Belag ist griffig und für die Rollstuhlnutzung geeignet zu planen.
Querschnitt Rampe
Längsschnitt Rampe
Aufsicht Rampe
Flure
Flure in öffentlich zugänglichen Gebäuden müssen mindestens 1,50 m, Durchgänge mindestens 0,90 m breit sein. In Wohngebäuden ist eine Mindestbreite von 1,20 m vorgeschrieben, wobei spätestens nach 15 m eine Bewegungs- und Wendefläche von 1,50 m x 1,50 m vorzusehen ist. Vor Türen ist eine Bewegungsfläche von 1,50 m x 1,50 m zu berücksichtigen.
Flur in öffentlich zugänglichen Gebäuden
Flur in Wohngebäuden
Durchgangshöhe
Durchgangshöhen
Durchgangshöhen in Verkehrsflächen müssen eine Mindesthöhe von 2,20 m aufweisen. Bereiche, die diese Höhe unterschreiten sind so abzusichern, dass eine Wahrnehmung vor allem von Menschen mit Seheinschränkung sichergestellt ist.
Hinweis:
In Türen und im Verlauf von Treppen sind die üblichen Durchgangshöhen mit mindestens 2,05 m möglich.
Verkehrssicherheit
Glasflächen in Verkehrsbereichen sind für Menschen mit Sehbehinderung durch kontrastreiche Sicherheitsmarkierungen zu kennzeichnen.
Damit Türen keine Barrieren darstellen, sind sie so auszuführen, dass sie deutlich wahrnehmbar, leicht zu bedienen und sicher zu passieren sind. Es sind weder Schwellen noch untere Türanschläge zulässig. Eine Schwelle von maximal 2 cm Höhe ist nur für den Bestand vorgesehen, wenn technisch keine andere Lösung möglich ist. Die Entwässerung vor Türen ist mit entsprechenden Maßnahmen technisch auch ohne Schwelle lösbar. Können die Türen nicht mit geringem Kraftaufwand geöffnet und geschlossen werden, sind im öffentlich zugänglichen Bereich nach Möglichkeit automatische Türen einzubauen. Auf beiden Seiten der Türen sind ausreichende Bewegungsflächen für Menschen mit Rollstuhl oder Gehhilfen vorzusehen. Die Durchgangsbreite von Türen beträgt mindestens 0,90 m, die Durchgangshöhe mind. 2,05 m. Für die mit der Durchfahrt verbundene Richtungsänderung ist vor der Tür eine Bewegungsfläche mit 1,50 m x 1,50 m erforderlich. Damit die Tür auch im Rollstuhl sitzend geöffnet werden kann, ist neben dem Türdrücker seitlich ein Bereich von mindestens 50 cm freizuhalten.
Wohnungstüren
Die erforderliche Durchgangsbreite der Wohnungseingangstüren beträgt mindestens 90 cm. Außerhalb der Wohnung (Flurseite) ist vor der Tür eine Bewegungsfläche von mindestens 1,50 m x 1,50 m und seitlich zum Türdrücker ein freier Bereich von mindestens 50 cm herzustellen. Für Türen innerhalb der Wohnung ist eine lichte Breite von mindestens 80 cm ausreichend. Eine besondere Bewegungsfläche ist hier nicht vorgeschrieben, allerdings müssen Flure innerhalb von Wohnungen eine nutzbare Breite von mindestens 1,20 m aufweisen.
Flurtüren,
Türen in öffentlich zugänglichen Gebäuden
Abstand zu rückwärtigem Bauteil
Eingangstür zur Wohnung
Stufenmarkierung
Notwendige Treppen in öffentlich zugänglichen Gebäuden müssen grundsätzlich geradlinig verlaufen. Um Stolpergefahren zu vermeiden, sind die Setzstufen geschlossen zu halten und die Trittstufen sollen nicht über die Setzstufen hinausragen. Für Menschen mit Sehbehinderung sind die Stufenvorderkanten kontrastreich zu markieren.
Beispiel Stufenmarkierung
Handläufe
Auf beiden Seiten der Treppe sind Handläufe anzubringen, bei großer Treppenbreite sind zusätzlich Zwischenhandläufe vorzusehen. Bei einer Neuplanung darf die notwendige Treppenlaufbreite durch Handläufe nicht eingeschränkt werden.
In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen, die nicht stufenlos erreichbar sind, ist nach BayBO ein zweiter Handlauf erforderlich. Für Treppen zu diesen Wohnungen sind auf beiden Seiten feste, griffsichere Handläufe vorzusehen.
Handläufe sollen in einer Höhe von 85 cm bis 90 cm angebracht und griffsicher sein. Ein runder oder ovaler Quer-schnitt sollte einem Durchmesser von 3 cm bis 4,5 cm aufweisen. Um eine durchgängige Führung zu ermöglichen soll die Befestigung von unten, mit einem seitlichen Abstand zur Wand von mindestens 5 cm erfolgen. Damit ein sicherer Halt, wie auch die Orientierung für blinde und sehbehinderte Menschen sichergestellt ist, dürfen Handläufe am Treppenauge und bei öffentlich zugänglichen Gebäuden auch an den Zwischenpodesten nicht unterbrochen werden. Bei U-förmigen Treppenläufen mit sehr tiefen Zwischenpodesten kann darauf verzichtet werden, den Handlauf auf der Außenseite durchgängig zu führen. *Am Anfang und am Ende des Treppenlaufs sind sie noch mindestens 30 cm waagerecht weiter zu führen. Um Verletzungen zu vermeiden, sollen die Enden der Handläufe nach unten oder zur Wand abgerundet sein. Bei bestehenden Gebäuden gibt es Erleichterungen. Die Technische Baubestimmung für Treppen (DIN 18065) wurde in Bayern mit der Maßgabe eingeführt, dass bei einem nachträglichen Einbau eines zweiten Handlaufs die Mindestlaufbreite um 10 cm unterschritten werden kann.
Die Anforderungen der DIN 18040 beziehen sich in Bayern nur auf bauordnungsrechtlich notwendige Treppen. Dennoch sollten auch die übrigen Treppen so weit wie möglich den barrierefreien Anforderungen entsprechen. Planen Sie immer Handläufe auf beiden Seiten ein. Ältere und motorisch eingeschränkte Menschen sind oft darauf angewiesen. Beachten Sie, dass in vielen Bestandsgebäuden auch schon nach früherer Rechtslage zwei Handläufe erforderlich waren. In diesen Fällen kann man sich nicht auf Bestandsschutz berufen. Die Handläufe sind gegebenenfalls nachzurüsten.
Beispiel Handlauf
Handlauf am Treppenende
In Gebäuden mit mehr als 13 m Höhe sind Aufzüge baurechtlich vorgeschrieben. Davon muss mindestens ein Fahrkorb so groß sein, dass er Kinderwagen, Rollstühle oder Krankentragen aufnehmen kann (1,10 m x 2,10 m). Diese Aufzüge müssen von allen Wohnungen und von der öffentlichen Verkehrsfläche aus stufenlos erreicht werden. In niedrigeren Gebäuden genügt als barrierefreier Zugang ein Fahrkorb mit einer Grundfläche von 1,10 m x 1,40 m. Die lichte Durchgangsbreite von Aufzugstüren beträgt mindestens 0,90 m. Vor Aufzügen ist eine ausreichende Bewegungs- und Wartefläche von mindestens 1,50 m x 1,50 m vorzusehen. Treppen und Podeste sind so anzuordnen, dass notfalls eine Krankentrage transportiert werden kann. Aufzugstüren dürfen nicht gegenüber abwärts führenden Treppen angeordnet werden. Sind sie dort nicht zu vermeiden, ist ein Abstand von mindestens drei Metern einzuhalten. In öffentlich zugänglichen Gebäuden darf die allgemeine Verkehrsfläche durch die Warteflächen nicht eingeschränkt werden. Dafür ist ein zusätzlicher Durchgang von mindestens 90 cm Breite vorzusehen. Für eine barrierefreie Nutzbarkeit sind die Befehlsgeber von Aufzugsanlagen DIN-gerecht auszuführen.
Beispiel
Plattformaufzug
Die DIN sieht keine besonderen Anforderungen für Plattformaufzüge vor. Daher wurde bei der Einführung der DIN für Bayern dieser Punkt eigens geregelt: Vertikale Plattformaufzüge sind bei Änderungen baulicher Anlagen für die barrierefreie Erreichbarkeit zur Überwindung von höchstens einem Geschoss zulässig, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
- Die Förderplattform muss mindestens 110 cm x 140 cm groß sein und mindestens 110 cm hoch sicher umkleidet sein (Innenkabine); ein Durchblick muss auch in sitzender Position möglich sein,
- die Nennlast ist auf mindestens 360 kg auszulegen,
- die Benutzbarkeit muss ohne fremde Hilfe und nicht ausschließlich für Rollstuhlnutzer möglich sein und
- die räumlichen Bedingungen außerhalb des Plattformaufzugs sind entsprechend Abschnitt 4.3.5 auszuführen. *
*Die Flächen vor dem Zugang müssen, wie bei den übrigen Aufzügen, mindestens 1,50 m x 1,50 m sein. Gegenüber dem Zugang muss eine abwärts führende Treppe mindestens 3,0 m Abstand haben.
Flure innerhalb der Wohnung müssen eine nutzbare Breite von mindestens 1,20 m aufweisen. Die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche sowie der Raum für die Waschmaschine müssen barrierefrei erreichbar sein. In diesen Räumen müssen ausreichende Bewegungsflächen von mindestens 1,20 m x 1,20 m vorhanden sein. Dies gilt insbesondere vor festen Einbauten in der Küche und vor Sanitärobjekten (WC-Becken, Waschtisch, etc.). Für mindestens ein Bett muss entlang der Längsseite des Bettes einmal eine 1,20 m und einmal eine 0,90 m tiefe Bewegungsfläche vorhanden sein.
Beachten Sie: in öffentlich geförderten Wohnungen gelten aufgrund der Förderbestimmungen erhöhte Anforderungen.
Bad
Die Tür zu einem barrierefreien Bad muss nach außen aufschlagen, alternativ ist eine Schiebetüre vorzusehen. Grundsätzlich ist im Bad ein barrierefreier Duschplatz mit der Bewegungsfläche von 1,20 m x 1,20 m anzuordnen. Wird zunächst eine Badewanne aufgestellt, sind neben der erforderlichen Fläche auch der Zu- und Ablauf so zu planen, dass ein späterer Umbau zu einem barrierefreien Duschplatz ohne großen Aufwand durchgeführt werden kann. Wände und Vorwandinstallationen von Sanitärräumen sind so auszubilden, dass Haltegriffe und Einstiegshilfen nachgerüstet werden können. Die Dokumentation für eine spätere Montage wird empfohlen. Bei der Anordnung der Sanitärobjekte sind die nach DIN vorgeschriebenen seitlichen Mindestabstände auch im Hinblick auf eine Nachrüstung zu beachten.
Beispiel
Fenster
In jeder Wohnung muss in mindestens einem Aufenthaltsraum ein Fenster den Ausblick in die Umgebung in sitzender Position ermöglichen. Dieses Fenster darf eine Brüstungshöhe von maximal 70 cm über Oberkante Fertigfußboden aufweisen. Zur Sicherheit ist eine Stange oder transparente Absturzsicherung in mindestens 90 cm vorzusehen.
Brüstungen sind so auszubilden, dass sie von Kleinkindern nicht ohne weiteres überklettert werden können.
Das Fenster muss leicht zu öffnen und zu schließen sein.
Beispiel
Balkon, Terrasse
Eine barrierefreie Erreichbarkeit von Balkon oder Terrasse ist in Bayern gesetzlich nicht gefordert. Nach heutigem Stand der Technik lassen sich aber konstruktive Lösungen finden, die schwellenlose Übergänge auch hier ermöglichen und somit den Freisitz als Teil der Wohnung nutzbar machen.
Auch auf Nebenanlagen achten
Abstellräume für Fahrräder, Kinderwagen und Mobilitätshilfen müssen leicht erreichbar und gut zugänglich sein. Eine Barrierefreiheit dieser Nutzungen innerhalb des Gebäudes schreibt die BayBO zwar nicht vor, dennoch sollte bei der Planung darauf geachtet werden, dass die wohnbezogenen Nutzungen barrierefrei erreicht und genutzt werden können.
Die Barrierefreiheit notwendiger Nebenanlagen wie Müllbehälter, Abstellräume und der Kinderspielplatz in den Außen-anlagen wird durch die DIN 18040 Teil 2 gefordert.
Alle Bereiche, in denen ein Besucher- und Benutzerverkehr möglich ist, müssen barrierefrei erreichbar und zweckentspre-chend nutzbar sein. Bewegungsflächen auch vor Schaltern, Kassen oder Kontrollzugängen von mindestens 1,50 m x 1,50 m sind zu berücksichtigen. Durchgänge müssen eine nutzbare Mindestbreite von 90 cm haben. Bedienelemente sind gut sichtbar und leicht erreichbar anzuordnen und Serviceschalter etc. müssen zur Nutzung aus dem Rollstuhl unterfahrbar sein.
Gefahrenquellen, wie hervorstehende Elemente oder Durchgangshöhen über Verkehrsflächen mit weniger als 2,20 m sind zu vermeiden oder nach dem Zwei-Sinne-Prinzip abzusichern. Insgesamt ist darauf zu achten, dass sich durch kontrastreiche Gestaltung oder durch tastbare Bodenstrukturen auch sehbehinderte Menschen ohne fremde Hilfe zurechtfinden.
Induktive Höranlage
In Versammlungs-, Schulungs- und Seminarräumen sollen für hörgeschädigte Menschen Hilfen angeboten werden. Bauseits empfiehlt es sich, eine induktive Höranlage vorzusehen.
Versammlungsräume
In Räumen mit fester Reihenbestuhlung sind 1 %, mindestens aber einer der Besucherplätze für Rollstuhlbenutzer*innen vorzusehen. Die Größe der Fläche für eine Rollstuhlnutzung ist abhängig von der Anfahrbarkeit:
- Wird frontal oder rückwärtig angefahren, ist eine Standfläche von mindestens 1,30 m x 90 cm mit einer vorgelagerten Bewegungsfläche von 1,50 m x 1,50 m vorzusehen.
- Wird seitlich angefahren, muss die Standfläche 1,50 m x 0,90 m groß und eine seitliche Verkehrsfläche mindestens 90 cm breit sein.
Für Versammlungsräume, die mehr als 200 Besucher fassen, sind darüber hinaus die speziellen Regelungen der VStättV zu beachten. Danach müssen mindestens 1% der Besucherplätze (mindestens zwei Plätze) für Personen mit dem Rollstuhl geeignet nutzbar und für je zehn dieser Plätze mindestens eine barrierefreie Toilette vorhanden sein.
Beispiel
Symbol für Hörhilfen
Gaststätten
Alle Bereiche, die den Besucher*innen zugänglich sind, müssen barrierefrei erreichbar und zweckentsprechend nutzbar sein. Nach DIN 18040 Teil 1 muss mindestens ein Toilettenraum für den allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr barrierefrei sein. Für die Überprüfung der Barrierefreiheit in Gaststätten gibt es in Bayern unterschiedliche Zuständigkeiten. Bei erlaubnispflichtigen Betrieben erfolgt diese im Rahmen des gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahrens. Zuständig dafür ist in München der Bereich Gaststättenangelegenheiten im Kreisverwaltungsreferat. Im Übrigen ist die LBK als Untere Bauaufsichtsbehörde zuständig. Gaststätten mit mehr als 200 Gastplätzen fallen unter die VStättV und müssen die dort festgesetzten Anforderungen an die Barrierefreiheit einhalten.
Beherbergungsstätten, Hotels
Öffentlich zugängliche Bereiche, wie Empfang, Gäste-WC, Frühstücks- und Gemeinschaftsräume müssen barrierefrei zugänglich und zweckentsprechend nutzbar sein. In Gast-zimmern* müssen sich mindestens 10% der Gastbetten in Räumen befinden, die - einschließlich der Sanitärräume - den Anforderungen an barrierefreie Wohnungen entsprechen.
In Beherbergungsbetrieben mit mehr als 60 Gastbetten müssen sich darüber hinaus mindestens 1% der Betten
in Räumen befinden, die uneingeschränkt für Personen im Rollstuhl nutzbar sind und den erhöhten "R"- Anforderungen der DIN 18040 Teil 2 entsprechen. In diesen Räumen müssen, unter Berücksichtigung der notwendigen Bewegungsflächen für Rollstühle, mindestens zwei Gästebetten aufgestellt werden. Diese Räume können mit den übrigen 10% verrechnet werden.
Informieren und warnen
Einige Abschnitte der DIN 18040 Teil 1, wie die über Informations- und Leitsysteme, bzw. über Alarmierung und Evakuierung, nennen keine detaillierten baulichen Lösungen. Bei der Planung eines Vorhabens sind konkret die Belange von Menschen mit sensorischen und motorischen Einschränkungen einzubeziehen. Ein Brandschutzkonzept muss darstellen, inwieweit eine akustisch und visuell wahrnehmbare Alarmierung vorgesehen ist, insbesondere in den Bereichen, in denen sich Menschen mit Hörbehinderung alleine aufhalten, wie z. B. in Toilettenräumen. Ebenso ist die Evakuierung von Menschen zu beschreiben, die nicht zur Selbstrettung fähig sind. Auch die organisatorischen Maßnahmen sind zu nennen. Bei Sonderbauten und in Betrieben, die in den Geltungsbereich der Versammlungsstättenverordnung (VStättV), der Bayerischen Verkaufsstättenverordnung (BayVKV) oder der Beherbergungsstättenverordnung (BStättV) fallen, ist ein entsprechendes Brandschutzkonzept gesetzlich gefordert.
* Für Beherbergungsstätten mit mehr als 30 Gastbetten gilt die BStättV. Eine Anpassung der BStättV in Bayern für die Regelung zur Barrierefreiheit der Gästezimmer ist derzeit in Planung. Bis dahin kann die Muster-Beherbergungsstätten-verordnung (MBeVO) als Orientierung dienen. Musterverordnungen werden bundesweit von der Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz erlassen und dienen als Richtlinie für die Länderbauverordnungen.
Öffentlich zugängliche Toiletten und Sanitärräume
Sind in einem öffentlich zugänglichen Gebäude Toiletten für Besucher*innen bzw. Benutzer*innen vorhanden, so ist mindestens eine dieser Toiletten entsprechend der DIN 18040-1 barrierefrei zu gestalten. Das gilt bereits ab der ersten Toilette. Werden öffentlich zugängliche Duschen eingebaut, zum Beispiel in Sportstätten, Schwimmbädern oder Fitnesscentern, sind barrierefrei nutzbare Duschplätze vorzusehen. Als zweckentsprechende Umkleidemöglichkeit für mobili-tätseingeschränkte Menschen soll hier zusätzlich ein ausreichend großer Raum mit einer Liege ausgestattet werden.
Anforderung an barrierefreie Toiletten
- Türen dürfen nicht in den Raum aufschlagen und müssen von außen entriegelt werden können
- Höhe der Türgriffe 85 cm
- Bewegungsflächen vor den Sanitärobjekten mindestens 1,50 m x 1,50 m
- Abstand neben dem WC beidseitig mindesten 90 cm zur Anfahrbarkeit mit dem Rollstuhl
- Abstand zwischen Wand und Vorderkante WC 70 cm für einen Wechsel aus dem Rollstuhl
- Rückenstütze und seitliche Stützklappgriffe
- Spülung, bedienbar mit einer Hand oder dem Arm, ohne Veränderung der Sitzposition
- unterfahrbare Waschtische
- Spiegel mit mindestens 1 m Höhe mit Einsicht aus Sitz- und Stehposition
- Notrufanlage, auslösbar vom WC und vom Boden, geeignet auch für blinde Menschen. Der Notruf ist sowohl zu einem Signal außerhalb des Raumes, als auch zu einer ständig besetzten Zentrale zu leiten.
Pkw-Stellplätze für Menschen mit Behinderung sind entsprechend zu kennzeichnen. Jeder Stellplatz muss mindestens 3,50 m breit und 5 m lang sein. In Tiefgaragen ist die barrierefreie Erreichbarkeit auch im Hinblick auf die Nutzbarkeit von Schranken- und Bedienanlagen sicherzustellen. Schleusen sollen stufenlos passierbar und Türen auf dem Weg zum Aufzug leicht zu öffnen sein. Nach Möglichkeit sollen Stellplätze für Menschen mit Behinderung immer in der Nähe der barrierefreien Zugänge angeordnet werden. Sofern für das Gebäude kein Aufzug erforderlich bzw. vorgesehen ist, sollen die Stellplätze in Abstimmung mit der LBK oberirdisch geplant werden, allerdings ist aus planungsrechtlichen Gründen der Bereich zwischen Gebäude und Straßenbegrenzungslinie (Vorgarten) freizuhalten. Ist bei einer Nutzung der Einsatz von Kleinbussen zu erwarten, sollten nach DIN 18040 Teil 1 zusätzlich ein Stellplatz mit einer Länge von 7,50 m und einer Breite von 3,50 m sowie einer Mindesthöhe von 2,50 m vorgesehen werden. Dies gilt insbesondere für Situationen wie den Hol- und Bringverkehr an Schulen und Kindertagesstätten oder im Sport- und Veranstaltungsbereich.
Beispiel
Mindestens 1 % der notwendigen Stellplätze in öffentlich zugänglichen Gebäuden
Die Zahl richtet sich nach den baurechtlich notwendigen Stellplätzen, die für die Besucher*innen und Benutzer*innen des Gebäudes erforderlich sind. Bayern hat die DIN 18040 Teil 1 mit der Maßgabe eingeführt, dass mindestens 1% dieser Stellplätze (mindestens ein Stellplatz) für Menschen mit Behinderung vorzusehen sind. Sofern in Verordnungen oder Satzungen eigene Regelungen enthalten sind, gehen diese vor.
Mindestens 50 % der Besucherplätze für Rollstuhlbenutzer in Versammlungsstätten
In Versammlungsstätten, die unter die Versammlungsstättenverordnung (VStättV) fallen, richtet sich die Anzahl der barrierefreien Pkw-Stellplätze nach den notwendigen Besucherplätzen für Rollstuhlbenutzer. Für mindestens die Hälfte dieser vorgeschrieben Besucherplätze sind Pkw-Stellplätze auszuweisen.
Mindestens 3 % der Stellplätze in Läden über 2.000 m²
Läden mit Verkaufsräumen über 2.000 m² fallen unter die Bayerische Verkaufsstättenverordnung (BayVkV). Danach sind mindestens 3 % der notwendigen Pkw-Stellplätze (mindestens ein Stellplatz) entsprechend herzustellen.
Ein Treppenlift ist oft die einzige Möglichkeit in der eigenen Wohnung bleiben zu können, auch wenn die Beweglichkeit eingeschränkt ist. Bayern hat daher im Rahmen der Einführung der DIN 18065 - Gebäudetreppen besondere Regelungen zum nachträglichen Einbau eines Treppenlifts in bestehende Gebäude bekannt gemacht:
Auszug aus der Liste der technischen Baubestimmungen Anlage 4.2/1 zu DIN 18065 :
Bei Anwendung der technischen Regel ist Folgendes zu beachten:
- Von der Einführung ausgenommen ist die Anwendung auf Treppen in Wohngebäuden der Gebäudeklassen 1 und 2 und in Wohnungen.
- Bauaufsichtliche Anforderungen an den Einbau von Treppenliften in Treppenräumen notwendiger Treppen in bestehenden Gebäuden: Durch den nachträglichen Einbau eines Treppenlifts im Treppenraum darf die Funktion der notwendigen Treppe als Teil des ersten Rettungswegs und die Verkehrssicherheit der Treppe grundsätzlich nicht beeinträchtigt werden. Der nachträgliche Einbau eines Treppenlifts ist zulässig, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:
2.1 Die Treppe erschließt nur Wohnungen und/oder vergleichbare Nutzungen.
2.2 Die Mindestlaufbreite der Treppe von 100 cm darf durch die Führungskonstruktion nicht wesentlich unterschritten werden; eine untere Einschränkung des Lichtraumprofils von höchstens 20 cm Breite und höchstens 50 cm Höhe ist hinnehmbar, wenn die Treppenlauflinie oder der Gehbereich nicht verändert wird. Ein Handlauf muss zweckentsprechend genutzt werden können.
2.3 Wird ein Treppenlift über mehrere Geschosse geführt, muss mindestens in jedem Geschoss eine ausreichend große Wartefläche vorhanden sein, um das Abwarten einer begegnenden Person bei Betrieb des Treppenlifts zu ermöglichen. Das ist nicht erforderlich, wenn neben dem benutzten Lift eine Restlaufbreite der Treppe von 60 cm gesichert ist.
2.4 Der nicht benutzte Lift muss sich in einer Parkposition befinden, die den Treppenlauf nicht einschränkt. Im Störfall muss sich der Treppenlift auch von Hand ohne größeren Aufwand in die Parkposition fahren lassen.
2.5 Während der Leerfahrten in die bzw. aus der Parkposition muss der Sitz des Treppenlifts hochgeklappt sein. Neben dem hochgeklappten Sitz muss eine Restlaufbreite der Treppe von 60 cm verbleiben.
2.6 Gegen die missbräuchliche Nutzung muss der Treppenlift gesichert sein.
2.7 Der Treppenlift muss aus nicht brennbaren Materialien bestehen, soweit das technisch möglich ist. - Bei einer notwendigen Treppe in einem bestehenden Gebäude darf durch den nachträglichen Einbau eines zweiten Handlaufs die nutzbare Mindestlaufbreite um höchstens 10 cm unterschritten werden. Diese Ausnahmeregelung bezieht sich nur auf Treppen mit einer Mindestlaufbreite von 100 cm nach den Festlegungen der DIN 18065. Abweichende Festlegungen und Anforderungen an die Laufbreite bleiben davon unberührt.