Werksviertel

Hinter dem Ostbahnhof entsteht auf 39,5 Hektar ein urbanes Stadtquartier mit 1.150 Wohnungen. Industrielle Elemente bleiben erhalten und sorgen für Charakter.

Aktuelles

Eingang zum Werksviertel
Michael Nagy

Deutscher Städtebaupreis 2023 für das Werksviertel

Als "außergewöhnliches Beispiel für eine langfristig angelegte Transformation zu einem durchmischten Stadtteil" wurde das Werksviertel am 26. Mai mit dem Deutschen Städtebaupreis 2023 ausgezeichnet. Das Projekt konnte sich gegen 50 weitere Bewerbungen durchsetzen. Gefragt waren besonders nachhaltige und innovative Beiträge zur Stadtbaukultur. 

Der Deutsche Städtebaupreis wird alle zwei Jahre von der Deutschen Akademie für Städtebau und Landesplanung verliehen.

Das Projekt

Blick in den Park nach Südosten
Grafik: Steidle Architekten

Wo einst Unternehmen wie Pfanni, Zündapp, Konen und Optimol ihre Produktionsstätten hatten und heute Nachtschwärmer unterwegs sind, werden einmal 2.630 Menschen leben und 12.600 arbeiten.

Das Planungsgebiet liegt im Stadtbezirk Berg am Laim, ist 2,5 Kilometer vom Marienplatz entfernt und sehr gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar. Es ist eine der letzten großen zusammenhängenden Flächen in Zentrumsnähe. 34 Hektar sind in Privatbesitz, 4,1 Hektar gehören der Stadt. Die Grafinger und Haager Straße durchqueren das Gebiet, das durch Straßen und Gleise momentan wie eine Insel von der Umgebung abgeschottet wird. Das Nebeneinander alter Industriehallen und neuer Gebäude soll dem Quartier einen unverwechselbaren Charakter geben.

Was bisher geschah

2001 lobte die Stadt München für das Gebiet, das damals noch "Rund um den Ostbahnhof" hieß und 115 Hektar umfasste, einen städtebaulichen und landschaftsplanerischen Ideenwettbewerb aus. Der erste Preis ging an das Büro 03 Architekten aus München mit dem Nürnberger Landschaftsarchitekten Professor Gerd Aufmkolk von der Werkgemeinschaft Freiraum. Auf Grundlage des Siegerentwurfs erstellte das Referat für Stadtplanung und Bauordnung einen Strukturplan in zwei Varianten.

Das Planungsgebiet wurde auf 39,5 Hektar östlich der Bahn reduziert. Die Grundeigentümer beauftragten das Büro Steidle Architekten mit Werkgemeinschaft Freiraum Landschaftsarchitekten mit der Weiterentwicklung des Strukturplans und setzen sich dafür ein, dass die alten Hallen - insbesondere vier Gebäude der Kultfabrik - als identitätsstiftende Elemente erhalten bleiben. Auf Grundlage des weiterentwickelten Strukturkonzepts beschloss der Stadtrat im Oktober 2011, den Bebauungsplan mit Grünordnung 2061 aufzustellen.

Das Konzept wurde 2013 und nach der Standortentscheidung des Freistaats Bayern für ein Konzerthaus 2015 bis 2016 weiterentwickelt.

Ein Gebiet mit Geschichte

Das ehemalige Industriegebiet wurde 1904 geplant. Zum Großteil wurde es jedoch erst nach dem Zweiten Weltkrieg besiedelt. Neben kleineren Unternehmen ließen sich vier große Firmen nieder: Rohde+Schwarz, die Spedition Rhenania, Pfanni und die Industrieverwaltungsgesellschaft. Ab den 1970er-Jahren gaben viele Betriebe ihren Standort auf. In den brach liegenden Hallen etablierte sich seit 1996 der Kunstpark Ost (heute Kultfabrik und Optimolgelände) mit Lokalen, Diskotheken, Clubs, Ateliers, Konzerthallen, Ausstellungsflächen, Werkstätten und Büros. Diese Zwischennutzung machte das Gelände weit über die Stadtgrenzen Münchens hinaus bekannt. Viele gewerbliche Nutzungen kamen hinzu, unter anderem Büros, Großhändler, eine Kletterhalle und ein Umspannwerk der Stadtwerke München.

Geplante Nutzungen

Nach dem Leitbild "kompakt, urban, grün" sollen auf engem Raum alle Nutzungen des täglichen Lebens vereint werden: Wohnen, Arbeiten, Einkaufen, Kultur und Freizeit. Mittelpunkt des neuen Quartiers wird ein 1,3 Hektar großer Park, von dem aus sich ein Netz aus Grün- und Freiflächen durch das Gebiet spannt.

Vereinzelt sollen 60 bis 80 Meter hohe Hochhäuser städtebauliche Akzente setzen.

Wohnen

Um den zentralen Park herum entstehen etwa 1.150 Wohnungen in Blockrandbebauung, 30 Prozent davon in gefördertem Wohnungsbau. Die Häuser haben fünf bis sechs Geschosse, grüne Höfe und werden durch die daneben liegenden Gewerbe- und Kerngebiete vom Straßen- und Bahnlärm abgeschottet. Jede Wohnung soll eine Dachterrasse, einen Garten oder eine Loggia als "grünes Wohnzimmer" bekommen. Für die Bewohnerinnen und Bewohner sind ein Jugendhaus, drei Kindertagesstätten und eine Grundschule geplant.

Arbeiten

Zu den 5.900 bestehenden Arbeitsplätzen sollen 6.700 neue in den Bereichen Gastronomie, Hotel, Dienstleistung und Einzelhandel hinzukommen. Entlang der Rosenheimer und Anzinger Straße sowie nördlich der Haager Straße konzentrieren sich gewerbliche Nutzungen in bestehenden und neuen Gebäuden. Die bestehenden Standorte sollen attraktiver und dichter werden. Höherwertiges, nicht störendes Gewerbe zwischen der Haager und Mühldorfstraße dient als Puffer zu den Wohngebieten. Der Medienstandort an der Rosenheimer Straße wird ausgebaut. Entlang der Friedenstraße an der Bahn ist ein Mix aus unterschiedlichen Nutzungen möglich: In den dichten Kerngebieten können Büros, Veranstaltungsorte, ein Hotel und Wohnungen entstehen.

Kultur und Freizeit

Die Pläne greifen die Geschichte des Geländes und die Umgebung auf. Industrielle Elemente, wie die ehemaligen Silos, das Werk 1 und 3, die Tonhalle oder die Pfanni-Kantine, bleiben erhalten und sollen dem neuen Quartier einen unverwechselbaren Charakter geben. Die Silos beherbergen heute eine Kletterhalle, im Werk 3 befinden sich Ateliers, Ausstellungs- und Lagerflächen und in der Pfanni-Kantine residiert ein Restaurant. Die Gebäude sollen umgebaut, erweitert und durch neue Nutzungen wie Freizeit- und Sportangebote, Galerien, Einzelhandel, günstige Ateliers und besondere Wohnformen wie Lofts oder Studentenapartments ergänzt werden. Alle Nutzungen gruppieren sich eng nebeneinander und gestapelt um einen neuen zentralen Platz herum.

Einkaufen

Nördlich der Grafinger Straße entsteht ein Nahversorgungszentrum mit Läden für den täglichen Bedarf, Büros, Restaurants und einem Hotel.

Straßen und Wege

Erschlossen wird das Gebiet über grüne "Kommunikationsbänder" mit integrierten Fuß- und Radwegen, die Haager, Grafinger und eine neue "Medienstraße", die im Süden parallel zur Rosenheimer/Anzinger Straße verläuft. Das bisher hermetisch abgeschlossene Firmengelände wird durchlässiger. Die Hauptstraßen werden als Alleen gestaltet. Das Gebiet ist gut an das örtliche und überörtliche Straßennetz angebunden. Der Fußgängertunnel unter den Gleisen des Ostbahnhofes soll verlängert werden.

Freiräume

Der Grünanteil liegt momentan bei 14 Prozent, 80 Prozent der Fläche ist versiegelt. Das wird sich ändern: Insgesamt sollen sieben Hektar Grün- und Freiflächen entstehen.

Konzerthaus

Der Freistaat Bayern hat entschieden, das Werksviertel zum Standort für das neue Konzerthaus zu machen. Dieses soll in der Atelierstraße unmittelbar am zentralen Park gebaut werden. Den ersten Preis im Realisierungswettbewerb zum Konzerthaus erhielt Ende Oktober 2017 der Entwurf von Cukrowicz Nachbaur Architekten aus Bregenz.

Video mit Stadtbaurätin Merk

Beitrag auf YouTube ansehen.

Chronologie

4/2018: Inkrafttreten des Bebauungsplans
9/2017: Satzungsbeschluss
12/2016: Billigungsbeschluss und Änderung des Flächennutzungsplans
2013: Weiterentwicklung des Konzeptes
10/2011: Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 2061
4/2007: Beschluss zum weiterentwickelten Strukturkonzept
7/2002: Preisgericht im städtebaulichen Ideenwettbewerb (zwei Phasen)

  • Referat für Stadtplanung und Bauordnung

    Stadtplanung - Planungsgruppe Bezirk Mitte (Stadtbezirk 3, 4 und 9)

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