Sexuelle Belästigung
Die Zentrale Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung steht allen Betroffenen, aber auch Vorgesetzten und Geschäftsleitungen beratend zur Seite.
Was ist sexuelle Belästigung?
Sexuelle Belästigung ist jedes unerwünschte sexuell bestimmte Verhalten, das gegen den Willen oder ohne das Einverständnis der Betroffenen geschieht und bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betroffenen Person verletzt wird. Sexuelle Belästigung ist kein zufälliges Verhalten, das dem Belästiger versehentlich „passiert“. Sexuelle Belästigung geschieht vorsätzlich und zielgerichtet.
Sexuelle Belästigungen sind zum Beispiel:
- Unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen
- Sexuell bestimmte körperliche Berührungen, wie zum Beispiel aufgedrängtes Umarmen, Kneifen ins Gesäß
- Scheinbar zufällige körperliche Kontakte, wie zum Beispiel Berühren der weiblichen Brust
- Anzügliche Bemerkungen, Kommentare und Witze über Aussehen, Figur oder sexuelles Verhalten der Person im Privatbereich
- Vornahme von sexuellen Handlungen des Täters an sich selbst
- Exhibitionismus
- Vulgäre oder obszöne Äußerungen
- Auf Einzelpersonen bezogene sexuell gefärbte Bemerkungen herabwürdigender oder beleidigender Art, zum Beispiel über sexuelle Aktivitäten, das Intimleben, über körperliche Vorzüge und Schwächen
- Andeutungen oder Versprechen, dass sexuelles Entgegenkommen berufliche Vorteile bringen könnte
- Androhung beruflicher Nachteile bei sexueller Verweigerung
- Unerwünschtes Zeigen, sichtbares Anbringen oder Zurverfügungstellung von pornographischen Darstellungen am Arbeitsplatz, in Umkleideräumen, in der Kaffeeküche, im Pausenraum oder in sonstigen Räumen des Arbeitgebers
Was sind Grenzverletzungen?
Grenzverletzungen sind alle Verhaltensweisen gegenüber Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die deren persönliche Grenzen im Kontext eines Versorgungs-, Ausbildungs- , Betreuungs- oder Arbeitsverhältnisses überschreiten. Sie verletzen die Grenzen zwischen den Generationen, den Geschlechtern und/oder einzelnen Personen. (vgl. Zartbitter e.V.)
Grenzverletzungen können unbeabsichtigt, ungewollt und aus Gedankenlosigkeit begangen werden, ohne dass dabei sexuelle Ziele verfolgt werden. Sie können aber auch absichtlich und gezielt begangen werden, zur Verfolgung sexueller Ziele oder als Ausdruck eines unzureichenden Respekts gegenüber Anderen. Der Maßstab sind immer objektive Faktoren und das subjektive Erleben des jeweiligen Opfers.
Grenzverletzungen sind im Alltag nie ganz zu vermeiden, aber korrigierbar, wenn die grenzverletzende Person dem Gegenüber mit einer grundlegend respektvollen Haltung begegnet, das heißt die mögliche Grenzverletzung thematisiert, sich entschuldigt und sich darum bemüht, eine solche in Zukunft zu unterlassen.
Beispiele für Grenzverletzungen (nach Zartbitter e.V.):
- Einmalige/gelegentliche Missachtung einer fachlich adäquaten körperlichen Distanz (grenzüberschreitende, zu intime körperliche Nähe und Berührungen im alltäglichen Umgang)
- Einmalige/seltene Missachtung eines respektvollen Umgangs (öffentliches Bloßstellen, Veröffentlichung von Bildmaterial über Handy oder Internet, Verletzung des Rechts auf Intimität bei der Körperpflege, Befehlston, persönlich abwertende, sexistische Bemerkungen)
- Einmalige/seltene Missachtung der Schamgrenzen und sexueller Normen in unterschiedlichen Kulturen
- Einmalige/seltene Missachtung der Grenzen zwischen den Generationen, zum Beispiel
- sich im Kontakt mit Schülern wie eine Jugendliche oder ein Jugendlicher gebärden
- sexualisiertes Verhalten von Schülern im Kontakt untereinander zulassen
- mit Kindern und Jugendlichen flirten
- Mädchen und Jungen mit besonderen Kosenamen ansprechen (zum Beispiel „Schatz“)
- Einmalige/seltene Missachtung der Grenzen der professionellen Rolle (zum Beispiel Gespräche mit Schülern über das Sexualleben von Lehrern, Austausch von Zärtlichkeiten, die eher familiärem Umgang entsprechen)
- Missachtung der Intimsphäre von Mädchen und Jungen
- Die persönlichen Grenzen überschreitende Gespräche/Befragungen über Details zum Beispiel von sexuellen Erfahrungen
- Bagatellisierung von durch Kinder und Jugendliche verübten Grenzverletzungen
Der Sonderfall Stalking
Unter Stalking ist ein wiederholtes Verfolgen, Belästigen, Bedrohen einer Person gegen deren Willen bis hin zu körperlicher Gewalt zu verstehen. Häufig haben Stalkinghandlungen auch einen sexuellen Bezug.
Typische Stalkinghandlungen können sein:
- Häufige Telefonanrufe/SMS/Nachrichten auf dem Anrufbeantworter (zu jeder Tages- und Nachtzeit)
- Häufige Kontaktaufnahme durch Brief oder E-Mail
- Ständiger Aufenthalt in der Nähe des Opfers
- Verfolgen/Nachlaufen/Hinterherfahren/Auflauern
- Kontaktaufnahme über Dritte, auch am Arbeitsplatz
- Unerwünschtes Zusenden von Geschenken/Blumen
- Nachrichten an der Haustür/am Auto hinterlassen
- Erkunden der Tagesabläufe
- Gleiche Freizeitaktivitäten betreiben
- Waren oder Dienstleistungen auf Namen des Opfers bestellen
- Eindringen in die Wohnung des Opfers
- Zerstören von Eigentum des Opfers
Tipps für Betroffene
- Wehren Sie sich: Machen Sie der Person, die Sie belästigt, unmissverständlich klar, dass ihr Verhalten unerwünscht ist, zum Beispiel „Ich will keine Bemerkungen von Ihnen hören!“ Oder: „Nehmen Sie sofort ihre Hand weg!“
- Holen Sie sich Hilfe: Holen Sie sich kollegiale Unterstützung oder auch Hilfe durch ihre Führungskraft. Sie können sich auch an die Personalvertretung oder an eine geeignete Beratungsstelle wenden (siehe auch am Ende: Kontaktdaten der Zentralen Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung).
- Suchen Sie Öffentlichkeit: Scheuen Sie sich nicht, Belästigende auch vor fremden Menschen deutlich zurückzuweisen. Sie können auch umstehende Leute um Hilfe bitten. Es empfiehlt sich, Menschen direkt anzusprechen: „Sie, der Herr mit der braunen Jacke, bitte helfen Sie mir!“
- Ignorieren Sie die Belästigung nicht: Viele Menschen glauben, dass sich das Verhalten einer Belästigerin / eines Belästigers schon legen wird, indem sie sie/ihn ignorieren. Das ist falsch. Belästigende oder Stalkende wollen unbedingt die Aufmerksamkeit ihrer Opfer. Ignorieren wird nur dazu animieren, sich noch mehr aufzudrängen.
- Bagatellisieren Sie nicht: Auch scherzhaftes Herunterspielen oder Abwiegeln der Situation bestärkt Belästigende nur darin, dass ihr Verhalten erwünscht sei.
- Lassen Sie sich nicht duzen: Schaffen Sie Distanz und lassen Sie sich nicht einfach duzen. Andere ziehen daraus den Schluss, dass sie vertraut miteinander sind und die Angelegenheit schon regeln werden.
- Führen Sie Buch: Notieren Sie sich Zeit, Ort und die genaue Begebenheit, die sich zugetragen hat. Erfassen Sie auch mögliche Zeugen. Falls Sie sich zu einer offiziellen Beschwerde entschließen, kann das sehr hilfreich sein.
Tipps für Vorgesetzte
- Nehmen Sie das Anliegen der Betroffenen ernst, das heißt nehmen Sie sich Zeit und lassen Sie sich nicht nur die Fakten, sondern auch die Sorgen und Ängste schildern.
- Fragen Sie nach Zeuginnen oder Zeugen der Geschehnisse.
- Nehmen Sie umgehend Kontakt mit der Zentralen Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung auf und stimmen Sie das weitere Vorgehen ab.
Tipps für Eltern
- Sollten Sie den Verdacht oder die Gewissheit haben, dass sich ein sexueller Übergriff an ihrem Kind ereignet hat, melden Sie den Vorfall umgehend bei der Leitung der Einrichtung oder bei der Zentralen Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung.
- Sichern Sie etwaiges Beweismaterial. Heben Sie Kleidungsstücke, E-Mails, SMS, Geschenke oder Sonstiges, was mit der Tat in Verbindung steht auf.
- Sofern Ihr Kind noch minderjährig ist, stellen Sie mit Ihrem Kind vor einer Vernehmung durch die Polizei oder eine Expertin oder einen Experten keine Fragen nach Geschehnissen. Die Sorge um Ihr Kind ist natürlich nachvollziehbar, aber es besteht die Gefahr, dass Ihr Kind durch gut gemeinte, aber suggestive Fragen in seiner Aussage beeinflusst wird und im ungünstigsten Fall seine Aussage dann nicht verwertbar ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Zentralen Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung werden sich, wenn Sie sich für eine Vernehmung Ihres Kindes entscheiden, darum kümmern, dass der Termin binnen weniger Tage stattfindet.
- Die Mitarbeiter der Zentralen Beschwerdestelle stehen Ihnen jederzeit telefonisch oder für einen persönlichen Termin zur Verfügung.
Warum eine Beschwerdestelle?
Sexueller Missbrauch, sexuelle Belästigungen und Grenzüberschreitungen kommen in allen Bereichen unserer Gesellschaft vor. Deshalb können selbst beispielhaft geführte Unternehmen, Schulen und Kindertagesstätten keine Garantie für ihre Beschäftigten abgeben.
Im Gegenteil: Häufig suchen sich Täter*innen ganz gezielt berufliche Positionen mit ausgeprägten Vertrauens- und Abhängigkeitsverhältnissen aus. Da sie sich meistens ganz bewusst als sympathische und verständnisvolle Kolleg*innen präsentieren, die jederzeit einspringen und Sonderaufgaben übernehmen, trauen ihnen viele Personen ihres unmittelbaren Umfeldes selbst bei konkreten Verdachtsmomenten kein derartiges Fehlverhalten zu.
Täter*innen bevorzugen Institutionen, in denen Themen wie sexuelle Belästigung oder sexueller Missbrauch tabuisiert sind oder diesen Themen wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird. Oder sie suchen sich Institutionen, in denen in Verdachtsfällen nicht offensiv vorgegangen wird, in denen es kein klares Konzept zum Vorgehen bei Verdachtsfällen gibt.
Aus diesen Gründen gibt es bei der Stadt München eine professionelle Beschwerdestelle, die allen Verdachtsfällen offensiv nachgeht und fachkundige Beratungsgespräche anbietet. Sie spricht mit den Betroffenen, den Dienststellen und arbeitet eng mit Polizei und Staatsanwaltschaft zusammen. Außerdem entwickelt und evaluiert sie Präventionsmaßnahmen, um Täter*innen das Vorgehen zu erschweren.
Unabhängig davon, ob Sie sich die Stadt München als Ihre Arbeitgeberin ausgesucht haben, der Stadt München Ihre Kinder anvertrauen oder für sich eine städtische Schule beziehungsweise einen städtischen Ausbildungsplatz gewählt haben – Sie müssen sich darauf verlassen können, dass Ihnen beziehungsweise Ihren Kindern bei der Stadt nichts passiert!
Für wen ist die Beschwerdestelle da?
An die Beschwerdestelle können sich alle
- städtischen Beschäftigten
- Schüler*innen städtischer Schulen
- Kinder städtischer Kinderbetreuungseinrichtungen (einschließlich deren Erziehungsberechtigte)
- Kund*innen der Stadt München
wenden, sobald sie sich sexueller Grenzverletzung, sexueller Belästigung oder Stalking ausgesetzt fühlen. Hier werden die Betroffenen umfassend beraten – auch rechtlich. Das Beratungsgespräch ist vertraulich. Die Beschwerdestelle spricht alle weiteren Maßnahmen zuvor mit den Betroffenen ab.
Selbstverständlich ist der Besuch von und die Beratung durch die Zentrale Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung kostenlos.
Die Beschwerdestelle berät und unterstützt außerdem alle städtischen Dienststellen, Schulleitungen sowie alle Leitungen der städtischen Kinderbetreuungseinrichtungen.
Wo befindet sich die Beschwerdestelle?
Die Beschwerdestelle befindet sich im Rathaus am Marienplatz und ist daher sehr gut mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar.
Betroffene können sich telefonisch beraten lassen oder nach telefonischer Terminvereinbarung ein persönliches Beratungsgespräch wahrnehmen.
Die Zentrale Beschwerdestelle für sexuelle Belästigung wird von einer Psychologin mit langjähriger klinisch-therapeutischer Erfahrung geleitet. Unterstützt wird sie durch ein hoch qualifiziertes juristisches Team.
Zentrale Beschwerdestelle nach dem AGG, für sexuelle Belästigung, häusliche Gewalt und Mobbing
Telefon: 233 – 26 44 9
Rathaus, Marienplatz 8
80331 München
Fax: 233 – 2 78 96
E-Mail: zbsb@muenchen.de
*Da knapp 98 Prozent der angezeigten Belästigungs- und Missbrauchsfälle durch Männer verübt werden, ist vorliegend ausschließlich von Tätern die Rede. Gleichwohl gibt es auch Frauen, die sexuelle Übergriffe begehen.