Ernst-Hoferichter-Preis

Jährlich wird dieser Preis an zwei Autor*innen vergeben, die in ihrem Werk »Originalität mit Weltoffenheit und Humor« verbinden.

Über den Preis

Nach dem Tod des bekannten Münchner Publizisten Ernst Hoferichter setzte Hoferichters Witwe Franzi die Stadt 1975 als Erbin ein mit der Auflage, die Stiftung Ernst Hoferichter-Preis einzurichten. Seitdem werden im allgemeinen jährlich zwei Preise in Höhe von je 5.000 Euro von der Ernst Hoferichter-Stiftung vergeben (abhängig vom Ertrag des Stiftungsvermögens). Sie sind gedacht als Förderung für Autorinnen und Autoren, die wie Ernst Hoferichter „Originalität mit Weltoffenheit und Humor“ verbinden.

Als Preisträgerinnen und Preisträger kommen nur Autoren und Autorinnen in Betracht, die in München/der Region München leben oder in ihren Werken eine enge Verbindung zu München erkennen lassen. Über die Preisträgerinnen und Preisträger entscheidet der Stiftungsbeirat, zu dem neben dem Kulturreferenten und dem Direktor der Münchner Stadtbibliothek vier literarische Freunde Hoferichters bzw. die von ihnen bestimmten Nachfolger gehören: Wolfgang Görl, Brigitta Rambeck, Michael Skasa und Christian Ude.

Den Ernst Hoferichter-Preis erhielten

Katja Huber
Originalität, Weltoffenheit, Humor – was davon das hervorstechendste Merkmal im Werk von Katja Huber ist, fällt schwer zu sagen. Schließlich gelingt der Münchner Autorin und Hörfunk-Journalistin in ihren Büchern eine mitreißende Verquickung all dieser Elemente: In ihren Romanen Fernwärme (2005), Reise nach Njetowa (2007), Coney Island (2012), Nach New York! (2014) und Unterm Nussbaum (2018) setzt sie sich, wie die Titel schon anklingen lassen, immer wieder mit dem Aufeinanderprallen fremder Kulturen, Zeiten und Lebenswelten auseinander. Wiederholt spiegelt ihr Erzählen dabei Eindrücke wider, die sie während längerer Auslandsaufenthalte in den USA, in Moskau sowie an der Wolga gewinnen konnte. So fächert etwa Fernwärme die Familiengeschichte mehrerer Generationen auf, die sich zwischen Russland und Deutschland bewegen, und macht dabei zugleich die Faszination wie auch die Befremdung in der Begegnung mit der russischen Kultur spürbar.

Ihren politischen Anspruch verbindet Katja Huber mit stilistischer Raffinesse, Witz und einem rasanten, lockeren Ton. In kunstvoller, phantasiereicher Prosa erzählt Reise nach Njetowa von tiefer Verlorenheit, wohingegen sich Coney Island wie eine wilde Achterbahnfahrt durch den wohl berühmtesten Vergnügungspark der Weltgeschichte liest. Der enorme Facettenreichtum von Katja Hubers Werk ist damit angedeutet. Mit leichter Hand und doch tiefgründig berührt ihre Literatur Themen wie die Recherche einer jungen Frau über das Leben jüdischer Immigrant*innen in New York oder die tief verborgenen innerfamiliären Tabus zur Nazi-Zeit wie in Unterm Nussbaum. Die Süddeutsche Zeitung schrieb dazu: „Der komplexe Plot […] spielt durch, was passiert, wenn Menschen, die sich durch die politischen Umstände ermutigt fühlen, in sich das Böse zu- und an anderen auslassen“ – dieser Tage in mehrfacher Hinsicht wieder erschreckend aktuell.

Gesellschaftspolitisches Engagement zeigt Katja Huber unter anderem als Gründungsmitglied der Münchner Kulturinitiative Meet your neighbours. Diese stellt Menschen verschiedenster Herkunft vor, die auf ihrer Flucht nach Deutschland gekommen sind, und setzt damit ein Statement für eine offene, humane Gesellschaft. Beim daraus entstandenen Band Wir sind hier. Geschichten über das Ankommen (2018) war Katja Huber Mitherausgeberin.

Die 1971 in Weilheim/Oberbayern geborene Autorin lebt mit ihrer Familie in München. Sie studierte Slawistik und Politikwissenschaften an der LMU München. Seit 1996 ist sie neben ihrer Arbeit als Schriftstellerin im Bereich Hörfunk beim Bayerischen Rundfunks tätig und hat dort zahlreiche journalistische und literarische Beiträge veröffentlicht.


Pierre Jarawan
Pierre Jarawan, der sich selbst als Autor, Slam-Poet, Bühnenliterat und Veranstalter versteht, ist seit langem eine feste Größe in der Münchner Literatur-Szene. Die literarische Bühne eroberte er als Poetry-Slammer, mit vorerst kleinen Textformen und mündlichem Erzählen. „Mal mit lyrischer Leichtigkeit, mal auf ernsthafte, berührende Weise beschreibt er die Welt aus einem etwas schrägeren Blickwinkel heraus“, hieß es einführend zu einer Auswahl von Bühnentexten (Lektora, 2011) mit dem bezeichnenden Titel Anders sein ist ganz normal. Gekonntes Jonglieren zwischen Witz und Sprachpoesie verschaffte Pierre Jarawan schnell eine große Fangemeinde und 2012 den internationalen deutschsprachigen Meistertitel im Poetry-Slam. Die Stuttgarter Zeitung kommentierte einen seiner Bühnenauftritte damals so: „Er tänzelt auf einem schmalen Grat zwischen Tiefgründigem und Humorvollem. Er verliert selten das Gleichgewicht.“

Dieser Satz könnte genauso treffend über dem gesamten künstlerischen Schaffen von Pierre Jarawan stehen. Inzwischen ist er allerdings vom tänzelnden (Wort-)Akrobaten im modernen Dichterwettstreit eher ins Fach des epischen Langstreckenläufers hinüber gewechselt: Zwei opulente, durchaus autobiografisch gefärbte Romane, Am Ende bleiben die Zedern und Ein Lied für die Vermissten, erschienen 2016 und 2020 (beide im Berlin Verlag), ein dritter ist für 2024 angekündigt. Die hohe Kunst des Gleichgewichts beherrscht Pierre Jarawan auch in diesem Metier meisterlich – im Austarieren von Gegensätzen zwischen libanesischem Vater- und deutschem Mutterland, zwischen eigener Erinnerung und literarischer Fiktion, zwischen dem Geschichtenerzählen und dem Erzählen von Geschichte.

Seine Erfahrung, eine unbändige Fabulierlust und seine (nach eigenem Bekunden) Schulung an klassischem amerikanischen Erzählen teilt Pierre Jarawan in zahlreichen Workshops, Seminaren und Weiterbildungen zu den Themen Poetry-Slam, Kreatives Schreiben oder Mehrsprachigkeit – und das (in Zusammenarbeit mit Literaturhäusern, Universitäten und Goethe-Instituten) weltweit.

Ganz vorbei ist wohl auch seine Poetry-Slam-Laufbahn trotz seines großen Erfolgs als
Romanautor nicht: „Du fängst einmal damit an und hörst nie wieder damit auf. Es ist wie in einer großen Familie“, sagte er einmal. Mit der Verleihung des Ernst Hoferichter-Preises
gehört Pierre Jarawan nun auch dem illustren Kreis der „Schwägerinnen und Schwager“ an – so nannte Hoferichter ja bekanntlich am liebsten alle seine Freunde! Ernst und Franzi hätten diesen neuen Schwager sofort ins Herz geschlossen und an seiner Originalität, seiner Weltoffenheit und an seinem feinsinnigen Humor ihre helle Freude gehabt.

  • 2023
    Deniz Aykanat und Karl Stankiewitz
  • 2022
     Fee (Felicia) Brembeck und Alex Rühle
  • 2021
    Wolfgang Ettlich, Jaromir Konecny, Barbara Yelin
  • 2020
    Dana von Suffrin, Rudi Hurzlmeier
  • 2019
    Dieter Hanitzsch, Christine Wunnicke (wurde von der Preisträgerin abgelehnt)
  • 2018
    Karl-Heinz Hummel
  • 2017
    Thomas Grasberger
  • 2016
    Ali Mitgutsch
  • 2015
    Christoph Süß
  • 2014
    Sarah Hakenberg, Marcus H. Rosenmüller
  • 2013
    Gerd Holzheimer, Luise Kinseher
  • 2012
    Jörg Maurer, Hans Pleschinski
  • 2011
    Kerstin Specht, Jan Weiler
  • 2010
    Frank-Markus Barwasser/Erwin Pelzig, Hermann Unterstöger
  • 2009
    Lena Gorelik, Matthias Politycki
  • 2008
    Ernst Augustin, Christine Grän
  • 2007
    Monika Gruber, Albert Sigl
  • 2006
    Zé do Rock, Dagmar Nick
  • 2005
    Anatol Regnier, Walter Zauner
  • 2004
    Wellküren (Veronika Lilla, Burgi Well, Monika Well-Hösl)
  • 2003
    Hans Meilhammer und Claudia Schlenger, Tilman Spengler
  • 2002
    Georg Maier, Fabienne Pakleppa
  • 2001
    Franz Xaver Bogner, Ernst Maria Lang
  • 2000
    Albert Ostermaier, Hella Schlumberger
  • 1999
    Herbert Achternbusch, Maria Peschek
  • 1998
    Renate Just, Georg Ringsgwandl
  • 1997
    Axel Hacke, TamS (Eberhard Kürn, Anette Spola, Rudolf Vogel)
  • 1996
    Franz Geiger, Keto von Waberer
  • 1995
    Doris Dörrie, Sten Nadolny
  • 1994
    Gabi Lodermeier, Willy Purucker
  • 1993
    Lothar Günther Buchheim, Asta Scheib, Helmut Seitz
  • 1992
    Anne Rose Katz, Joseph von Westphalen
  • 1991
    Ernestine Koch, Herbert Rosendorfer
  • 1990
    Barbara Bronnen, Bruno Jonas
  • 1989
    Ernst Günther Bleisch, Karl Heinz Kramberg
  • 1988
    Wolfgang Ebert, Alexeji Sagerer, Michael Skasa
  • 1987
    Karl Hoche, Hanns-Christian Müller, Ponkie, George Tabori
  • 1986
    Hannes Burger, Rachel Salamander, Herbert Schneider, Klaus Peter Schreiner
  • 1985
    Biermösl Blosn (Christoph, Hans und Michael Well), Franz Xaver Kroetz, Siegfried Zimmerschied
  • 1984
    Philip Arp, Oliver Hassencamp, Ellis Kaut, Marianne Sägebrecht
  • 1983
    Carl Borro Schwerla, Sigi Sommer, Ernst Wendt
  • 1982
    Jörg Hube, August Kühn, Kurt Seeberger
  • 1981
    Sarah Camp, Armin Eichholz, Hannes König
  • 1980
    Peter de Mendelssohn, Gerhard Polt, Herbert Riehl-Heyse
  • 1979
    Franziska Bilek, Dieter Hildebrandt, Konstantin Wecker
  • 1978
    Effi Horn, Wilhelm Lukas Kristl, Hellmut von Cube
  • 1977
    Rolf Flügel, Anton Sailer, Martin Sperr
  • 1976
    Eugen Roth, Karl Spengler, Karl Ude
  • 1975
    Carl Amery, Isabella Nadolny

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