Arbeitsstipendien für Münchner Autor*innen
Mit den Arbeitsstipendien fördert das Kulturreferat der Landeshauptstadt München literarische Projekte von etablierten Münchner Autor*innen.
Für literarische Projekte
Die Landeshauptstadt München vergibt alljährlich zwei mit je 8.000 Euro dotierte Arbeitsstipendien für Münchner Autor*innen, die sich mit ihrem Werk bereits literarisch ausgewiesen haben und im Literaturbetrieb in Erscheinung getreten sind: durch Veröffentlichungen in Verlagen, Lesungen, Auszeichnungen oder Rezensionen. In erster Linie werden Prosaprojekte aller Genres (Romane, Erzählungen, Romanbiografien, literarische Essays) berücksichtigt, es werden aber auch anspruchsvolle Lyrikprojekte in die Auswahl einbezogen.
Eigenbewerbung ist erforderlich.
Eine gleichzeitige Bewerbung für das Arbeitsstipendium und das Literaturstipendium der Stadt München (für Nachwuchsautorinnen und -autoren) ist nicht möglich.
Eine vom Stadtrat berufene Jury übernimmt die Auswahl aus den eingesandten Bewerbungen; die Entscheidung obliegt dem Stadtrat.
Das Arbeitsstipendium für Münchner Autor*innen erhielten
Jurybegründungen
Natalie Buchholz für ihr Prosaprojekt „Das Kamel“
„Das Kamel“ ist eine Familiengeschichte. Keine erfundene, sondern die der Autorin. Natalie Buchholz schürft aus Familienlegenden, vernebelten Halbwahrheiten und Themen, an die sich eigentlich niemand mehr so richtig erinnern will, ein mehrdimensionales Relief, das weit über den eigenen biografischen Horizont hinausreicht. Das bizarr-schöne Bild von den im Gartenteich eingefrorenen Goldfischen kann durchaus als Metapher für die eingefrorene Familienvergangenheit gelten. Man vertraut sich der Sprache der Erzählerin gerne an, die elegant zurückhaltend und unprätentiös sorgfältig ist, mit subtilen Mitteln die Spannung aufbaut, die aus der Familiengeschichte ein vielschichtiges Psychogramm macht.
Die Annäherung an den Großvater vollzieht sich vorsichtig, behutsam, gleichwohl nachdrücklich. Natalie Buchholz nimmt den Mann, der ihr zu Lebzeiten weitgehend unbekannt war, als Exempel für so viele Menschen, die zwischen territoriale und psychische Grenzen geraten und ihr Leben lang mühevoll versuchen, zerrissene Teile einer Persönlichkeit zu einem versöhnten Ganzen zusammenzufügen. Dabei balanciert sie zwischen drei Perspektiven: Sie schlüpft in die Person des Großvaters, lässt ihre Mutter zu Wort kommen und beobachtet als literarisches Ich den Prozess als Forschende gleichzeitig von außen wie von innen. Welche Schlüsse sie aus den Informationen, die sie aus der Vergangenheit ans Licht holt, wohl ziehen wird? Die Jury spricht ihr das Arbeitsstipendium zu – zuletzt natürlich auch um zu erfahren, welche Rolle das titelgebende Kamel in der Familiengeschichte spielt.
Kilian Leypold für sein (Jugend-)Romanprojekt „Das schwarze Papier“
Äußerst spannend ist es, wie Kilian Leypold sich der Welt des Wortes von einer ganz unerwarteten Seite nähert, nämlich der des Papiers als Träger von Gedanken. Dabei geht es um ein besonderes Papier: das, auf das Zaubersprüche geschrieben werden. Schwarzes Papier, mächtiges Papier, ein Stoff, ebenso düster wie das, was auf ihm notiert wird. Inspiriert von Otfried Preußlers „Krabat“, legt Leypold kein Klassiker-Remake vor, sondern erzählt eine neue Geschichte. Auch diese spielt in einer Mühle, im legendären Valle delle Cartiere in Oberitalien. Der Zeitrahmen ist das 17. Jahrhundert. Schon auf den bisher vorliegenden Seiten stürzt man ohne Vorwarnung tief hinein in ein beunruhigend faszinierendes Szenario. Allein die Idee, dass ein Bogen Papier ein Fenster sein kann, durch das man in einen anderen Raum blickt, ist bestechend. Neben der surrealen Verführung bringt Leypold einen hochaktuellen neuen Aspekt ins Spiel: Wer das Papier hat, hat die Macht – und das Mittel, Schicksale zu verändern. Die von kurzen Sätzen durchzogene Sprache entspricht der kantigen Prägnanz der Figuren. Janko, der Protagonist, der nichts mehr verlieren kann, weil der Krieg ihm schon alles genommen hat, setzt alles daran, die schwarze Magie in eine weiße zu verwandeln, die Kriege nicht anzettelt, sondern verhindert.
In einer Zeit, in der das Papier in vielen Lebenssituationen an Bedeutung verliert, ist es umso interessanter, dass Leypold eben diesem Material ein ganzes Buch widmen will. Die Jury ist neugierig, wie er das Assoziationsfeld Papier-Macht-Geld-Wissen-Hoffnung weiterspinnen wird.
Mitglieder der Jury
Dr. Peter Czoik (BSB / Literaturportal Bayern), Marianna Geier (Buchhandlung Buch & Bohne), Franz Xaver Karl (Bayerischer Rundfunk), Christiane Pfau (Pfau PR), Tina Rausch (Lektorin, Journalistin), Sabine Reithmaier (Süddeutsche Zeitung) sowie aus dem Stadtrat:
Stadträtin Marion Lüttig (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Stadtrat Thomas Niederbühl (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Stadtrat Andreas Babor (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Stadträtin Beatrix Burkhardt (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Stadträtin Kathrin Abele (Fraktion SPD/Volt)
- 2022
Alexandra Blöchl, Jovana Reisinger - 2021
Barbara Yelin, Fridolin Schley - 2020
Björn Bicker, Sandra Hoffmann - 2019
Andrea Heuser, Norbert Niemann - 2018
Eva Gesine Baur / Lea Singer, Lena Gorelik - 2017
Christoph Poschenrieder, Susanne Röckel - 2016
Kilian Leypold, Franz Maria Sonner - 2015
Fabienne Pakleppa, Sylvia Kabus