Starter Filmpreise
Auszeichnungen für künstlerisch herausragende Filme insbesondere von jungen, noch nicht etablierten Münchner Filmemacher*innen.
Über den Preis
Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich drei mit jeweils 8.000 Euro dotierte Starter-Filmpreise für künstlerisch herausragende Filme insbesondere von jungen, noch nicht etablierten Münchner Filmemacher*innen, die in ihrer Arbeit einen kreativen Umgang mit dem Medium und stilistische Innovationsmomente erkennen lassen. Zusätzlich wird ein Starter-Filmpreis / Produktion vergeben - als geldwerte Leistung für die Postproduktion eines künftigen Films in Höhe von 8.000 Euro, gestiftet von Pharos – The Post Group. Eine Eigenbewerbung ist erforderlich. Die Starter Filmpreise werden seit 2019 im Rahmen des Filmfests München verliehen (2020 wurden sie aufgrund der Corona-Pandemie im Rahmen der Münchner Filmkunstwochen verliehen).
Die Starter Filmpreise erhielten
- Nikita Gibalenko
- Viktor Schimpf
- Marie Zrenner
- Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko (Starter-Filmpreis / Produktion 2023)
Jurybegründungen
„I See Them Bloom“ – Nikita Gibalenko
Nastya und Eugenia sind Schwestern, die vor dem Krieg in der Ukraine nach München geflüchtet sind und bei einem jungen Studentenpaar unterkommen. Übergangslos werden sie in ein anderes Leben katapultiert. Regisseur, Drehbuchautor und Editor Nikita Gibalenko, der die Ukraine bereits 2013 verlassen und an der HFF München studiert hat, weiß, wie es sich anfühlt, hier in Sicherheit zu sein und sich dafür schuldig zu fühlen. Dieses Dilemma lotet seine sensibel erzählte Geschichte „I SEE THEM BLOOM“ aus. Während Nastya von der neuen Welt fasziniert ist, kann Eugenia nicht aus ihrer Haut und fühlt sich fremd. Die Gefühlswelt der beiden Schwestern wird vor allem auf der Tonebene gespiegelt: Harmlose Geräusche bauen sich zur Bedrohung auf, Ton und Bild laufen auseinander, lassen vertrautes Ukrainisch hören und unbeschwerte Szenen im Hallenbad sehen. Nikita Gibalenko ist das Kunststück gelungen, die dramatische Geschichte zweier Kriegsflüchtlinge und die Ankunft im vermeintlichen Paradies als halbstündigen Kinofilm im breiten Cinemascope-Format und hochwertigen Dolby-Sound zu gestalten und sich dabei fast ausschließlich auf die Innenwelt der Protagonistinnen zu konzentrieren. Mit sensibler Kameraführung und klugen Bild-Ton-Verschränkungen fängt der Regisseur die Zerrissenheit ein und kontrastiert damit das friedliche Leben im Gastgeberland, ohne dessen Sorglosigkeit moralisch zu bewerten. Man wüsste gerne, wie es mit den beiden Schwestern weitergeht. Der Titel „I SEE THEM BLOOM“ gibt Hoffnung.
„Machines of Loving Grace“ – Viktor Schimpf
München, September 2020: Auf von Autos verlassenen Straßen wachsen Pflanzen, Diversität ist selbstverständlich und die Menschen unterstützen sich gegenseitig. In einem Gewächshaus erschafft Forscherin Frances eine mächtige Künstliche Intelligenz. Je mehr diese über die Welt und die Menschen lernt, desto mehr entwickelt sie eine eigene Haltung zu den bestehenden Verhältnissen. Als Frances sie eines Tages an einen großen Konzern verkaufen möchte, stellt die KI unerwartet ihre ganz eigenen Forderungen.
Visuell beeindruckend, mit klug gewählten Erzählperspektiven, zeigt uns „Machines of Loving Grace“ eine Welt, in der die Würde und Individualität jedes Menschen respektiert wird. Eine Welt, in der Arbeit persönliche Entfaltung statt Pflichterfüllung geworden ist. Eine Welt, die vielsprachig, grün und von einem humanistischen Weltbild geprägt ist. Das alles schafft Regisseur Viktor Schimpf mit einer spielerischen Selbstverständlichkeit, ohne erhobenen Zeigefinger. Dass diese Utopie einer Gegenwart im Genre des Science-Fiction erzählt werden muss, kann zugleich als Kritik und Hoffnung auf eine bessere Zukunft gesehen werden.
„Alex in den Feldern“ – Marie Zrenner
Da kommt einer. Woher? Warum? Er kommt über die Felder. Ein junger „Stranger“, eher ein Milchgesicht als ein Starker. Er kommt zu einem Hof, zur Schweinemast, wo er auf einen anderen trifft, der zur Resozialisierung hier ist. Er ist stärker, gewöhnt an die Arbeit in der Landwirtschaft und sich bewusst, dass Verstöße gegen die Regeln gravierende Folgen haben können. Die beiden umkreisen sich. Regisseurin Marie Zrenner ist in „Alex in den Feldern“ ein behutsames und kluges Psychogramm gelungen, das von beobachteten Gesten und Unausgesprochenem lebt. Die jungen Darsteller und die sie umgebenden Laien werden geschickt geführt, zueinander gestellt. Man wird Zeuge einer Annäherung zweier Männer, die nicht in den Rahmen passen. Der eine, der schon da ist, wird am Ende den anderen verstoßen. Aus Schutz, aus Eigennutz. Marie Zrenner skizziert eine fragile Beziehung im Glashaus, bei der es völlig unwichtig ist, ob sie homoerotisch ist oder nicht. Zwei junge Boys, zwei Seelen, zwei Lebenswege. Und wenn in der abgedunkelten Dorfkneipe einer der beiden tanzt, alkoholisiert, gänzlich für sich, lächelnd, mit der Kippe in der Hand, lost in music, mit grandioser Kameraarbeit abgebildet, gespiegelt im Blick des anderen – dann gehört dies zu den einprägsamsten und schönsten Kinoszenen der letzten Zeit. Ein sehr klug inszenierter Film einer Regisseurin, von der wir mehr sehen wollen!
„Aralkum“ – Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko
Das Verschwinden selbst, das Alleinsein des Menschen im Anthropozän, fasst „Aralkum“ weit über sein spezifisches Anschauungsobjekt, den Aralsee, hinaus in Bilder. Etwas ziemlich Unfilmbares also. Nicht Landschaft, sondern Tierpräparate stehen am Anfang, später sehen wir resistente Wüstenpflanzen, dann erst Menschen, die weniger leben als ihr Dasein fristen. In „Aralkum“ durchzieht das Vergangene die Gegenwart mit fossilen Spuren, nur durch die Bild-Ton-Montage ist die Vergangenheit zu reanimieren. Ein Film als Essay, der den Zuschauer mit drängenden Fragen zurücklässt.
Daniel Asadi Faezi und Mila Zhluktenko haben „Aralkum“ mit viel Recherche und wenig Geld produziert. Wie in früheren Arbeiten verbinden sie vielschichtig ästhetische Genauigkeit und politische Kraft. Die Werke der beiden Studenten der Hochschule für Fernsehen und Film sind mehr als filmische Versprechen, sie sind künstlerisch ausgereift – und von einer Konsequenz, wie sie in der heutigen Filmlandschaft nur noch schwer zu realisieren ist. Dezidiert will die Jury deshalb die Produzentenleistung der beiden würdigen und gezielt bestärken.
Mitglieder der Jury
Die Jury unter dem Vorsitz des Kulturreferenten Anton Biebl setzte sich in diesem Jahr wie folgt zusammen:
Markus Aicher (Bayerischer Rundfunk), Dunja Bialas (Filmjournalistin), Erec Brehmer (Filmemacher, Starter-Preisträger 2022), Claudia Engelhardt (Filmmuseum München), Despina Grammatikopulu (Filmemacherin) und Christoph Gröner (Filmfest München) sowie aus dem Stadrat Marion Lüttigund Thomas Niederbühl (beide Fraktion Die Grünen-Rosa Liste), Ulrike Grimm und Leo Agerer (beide Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) und Lars Mentrup (Fraktion SPD/Volt).
- 2022
Felix Klee, Hilarija Laura Ločmele, Lara Milena Brose & Kilian Armando Friedrich, Erec Brehmer (Starter-Filmpreis / Produktion 2022) - 2021
Linda-Schiwa Klinkhammer, Josef Fink, Verena Wagner, Denise Riedmayr (Regie), Lillian Malan und Philipp Link (Produktion) (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2020
Mariko Minoguchi, Anna Roller, Berthold Wahjudi, Narges Kalhor (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2019
Benedikt Schwarzer, Lisa Voelter, Christian Hödl und Lene Pottgießer, Alex Schaad und Richard Lamprecht und Veronika Faistbauer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2018
Sylvain Cruiziat und Mila Zhluktenko, Jovana Reisinger, Anatol Schuster, Anna Roller und Tanja Schmidbauer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2017
Moritz S. Binder, Annelie Boros, Michael Ciesielski, Yulia Lokshina, Isabelle Bertolone, Marius Ehlayil (wirFILM) (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2016
Mirjam Orthen, Matthias Koßmehl, Alexander Costea, Jakob Gross (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2015
Franziska Schönenberger und Jayakrishnan Subramanian, Paul Meschùh, Helen Simon, Ozan Mermer (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2014
Isa Micklitza, Isa Willinger, Anna Brass, Lukas Baier (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2013
Wolfram Huke, Anna Frances Ewert, Pauline Roenneberg, Sebastian Bartetzko, Philip Grabow, Tobias Huber (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2012
Michael Reithmeier, Peter Künzel und Frank Müller, Claudia Heindel, Josef Mayerhofer, Konstantin Ferstl (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2011
Mareille Klein und Julie Kreuzer, Jesper Petzke, Christine Repond, Claudia Lehmann und Daria Onyshchenko (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH), Peter Baranowski (lobende Erwähnung) - 2010
Jens Junker, Andy Wolff und Stefanie Brockhaus, Tomasz Emil Rudzik, Benedikt Böllhoff und Max Frauenknecht, Via Film GbR (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2009
German Kral, Pia Strietmann, Stefanie Brockhaus und Pary El Qualqili (geteilter Preis), Mickel Rentsch (Starter Filmpreis / Produktion gestiftet von ARRI Media GmbH) - 2008
August Pflugfelder, Alexander Riedel, Tim Trachte, Kathrin Geyh, Daniela Ljubinkovic, Regisseurin und Co-Produzentin Michaela Kezele, Target Film Produktion GbR, Mieko Azuma - 2007
Oliver Haffner, Baran Bo Odar, Saara Aila Waasner - 2006
Jens Christian Börner, Florian Gaag, Eva Marel Jura, Korinna Krauss und Janna Ji Wonders - 2005
Jakob M. Erwa, Sonja Heiss, Gil Mehmert - 2004
Sikander Goldau, Benjamin Heisenberg, Judith Malek–Mahdavi, Jens Schanze - 2003
Maurus vom Scheidt, Ralf Westhoff - 2002
Johannes Kaltenhauser und Florian Vogel, Stefanie Sycholt, Anthony Lew Shun - 2001
Bettina Timm, Maren Ade, Markus Mörth - 2000
Marco Petry, Christian Ehrhardt, Steffen Schäffler - 1999
Florian Gallenberger, Christoph Stark, Sebastian Steinbichler und, Florian Vogel - 1998
Matthias Lehmann, Benjamin Herrmann, Harald Rumpf, Thomas Riedelsheimer - 1997
Jochen Kraus, Florian Schneider, Beryl Schennen, Vuk Jevremovic, Peter Thorwarth - 1996
Uli Kick, Thomas Ciulei, Ulrich Gambke - 1995
Stephan Puchner, Henrik Heckmann, Patrick Hörl - 1994
Ulrich Weis, Erica und Paco Joan, Veit Helmer, Stefan Schneider ⁄ Walter Feistle - 1993
Rainer Matsutani, Hans–Christian Schmid, Katja von Garnier - 1992
Alexander Ammer, Walter Wehmeyer, Wladek Brobowski, Romuald Karmakar, Carsten Steigerwald - 1991
Rainer Kaufmann, Hans Lang (Dokumentarpreis) - 1990
Ralf Huettner, Nicolas Humbert (Dokumentarpreis) - 1989
Maris Pfeiffer, Werner Prenzel (Dokumentarpreis) - 1988
Lutz Konermann, Peter Heller (Dokumentarpreis) - 1987
Philip Gröning, Claus Strigel und Betram Verhaag, DENKmalfilm (Dokumentarpreis) - 1986
Ute Wieland - 1985
Maria Knilli