Projektstipendien Junge Kunst / Neue Medien für Bildende Kunst

Die Landeshauptstadt München vergibt alle zwei Jahre ein Projektstipendium Junge Kunst / Neue Medien für Bildende Kunst.

Für anspruchsvolle Kunstprojekte

Um den interdisziplinären Ansätzen sowie den Entwicklungen der Medienkunst Rechnung zu tragen, vergibt die Landeshauptstadt München alle zwei Jahre zwei Projektstipendien „Junge Kunst / Neue Medien“. Ein Stipendium mit dem Schwerpunkt Bildende Kunst, dotiert mit 12.000 Euro.

Mit diesem Stipendium sollen konkrete, anspruchsvolle Kunstprojekte gefördert werden, die in besonderem Maße die Möglichkeiten der neuen Medien bzw. Technologien miteinbeziehen. Unkonventionelle Ansätze werden bei der Vergabe besonders berücksichtigt.

Bisher Geförderte

Jurybegründungen

Cana Bilir-Meier

Cana Bilir-Meier widmet sich in ihrem Projektvorhaben unter dem Arbeitstitel „We all carry the stories within us …“ dem Begriff „Gastarbeiter“ und damit einem Thema, das sich in der Aufarbeitung westdeutscher Geschichte nach wie vor als unterrepräsentiert zeigt. Cana Bilir-Meier greift dabei auch die bedeutende Rolle der Musikkultur von Arbeitsmigrant*innen in der BRD auf. Die intensive Recherche zu historischem Material verbindet sie mit dem Zusammenspiel eigenständiger musikalischer Positionen. Dabei gelingt es ihr, dem Thema mitunter auch humorvoll zu begegnen. In der Verschränkung von Text, Musik und Film vollzieht die Künstlerin zugleich eine Annäherung an den ambivalenten Begriff sowie dessen Dekonstruktion.

Die geplante Videoinstallation wird die Archivrecherche mit den von der Künstlerin geführten Interviews verbinden. Im Fokus steht dabei ein Wettbewerb, der 1970 vom WDR initiiert wurde und bei dem ein geeigneteres, alternatives Wort für den Begriff des „Gastarbeiters“ gefunden werden sollte.

Cana Bilir-Meiers Arbeitsvorhaben leistet aus künstlerischer Perspektive einen wichtigen Beitrag zum Themenkomplex der Arbeitsmigration in die BRD. Ihre auf den Begriff „Gastarbeiter“ fokussierte Auseinandersetzung gibt der Macht von Sprache und ihren Konsequenzen, die bis in die Gegenwart reichen, neuen Raum. In der Intensität, mit der sich Cana Bilir-Meier seit Jahren auf migrantisches Wissen und Gegennarrative konzentriert, fördert sie die wichtige gesellschaftliche Sensibilisierung für oftmals unhinterfragte Blickweisen und Annahmen.


Katrin Bittl

In ihrer neuen Werkgruppe „Pee Privileg“ macht Katrin Bittl etwas sichtbar, was vielen sonst verborgen bleibt. Sie thematisiert das gesellschaftliche Versagen, den Grundbedürfnissen von Menschen mit diversen Körpern nicht zu entsprechen, wenn es für sie außerhalb ihrer privaten Räume kaum Möglichkeiten gibt, verfügbare, für sie geeignete Toiletten zu finden.

Die 1994 in München geborene Künstlerin offenbart so die oft verdrängten Zusammenhänge zwischen körperlicher Konstitution und alltäglichen Widerständen. In performativen Inszenierungen, die das Urinieren in öffentlichen Räumen in Szene setzen und in hoch ästhetische Aufnahmen übertragen, überspitzt sie dies in künstlerischer Form. Ihre Natürlichkeit im Umgang mit der Nacktheit des eigenen diversen Körpers und ihre aktivistischen Motive verleihen ihren Werken eine berührende und poetische Kraft. Bittl macht uns bewusst, wie wir unsere Körper einerseits disziplinieren und welche Verantwortung wir andererseits haben, Teilhabe und Gleichberechtigung für alle Menschen zu gewährleisten – zum Beispiel auch durch barrierefreie Zugänge zu sanitären Anlagen.

Vincent Hannwacker

Der Broadway als eine der ältesten und längsten Straßen Manhattans ist nicht nur weltweit als Theatermeile bekannt, er ist ebenso historisches Relikt wie Kristallisationsfläche aktueller politischer Entwicklungen. Vincent Hannwackers Vorhaben, diese Straße von Norden nach Süden abzufahren und diese Fahrt in einer Drei-Kanal-Videoarbeit künstlerisch zu dokumentieren, ist so schlicht wie eindrucksvoll. Neben kunsthistorischen Referenzen, die er einbindet und die von Phillip-Lorca diCorcia über Ed Ruscha bis Pope.L reichen, führt der Meisterschüler von Julian Rosefeldt in „Driving down Broadway“ die amerikanische Geschichte mit jüngsten sozio-politischen Entwicklungen zusammen. Der Broadway als komplexes sozio-kulturelles Feld, auf dem Verlierer und Gewinner des Systems auf einer Straße zusammenrücken, wird für Hannwacker zum Sinnbild des Kapitalismus. Alle Facetten des amerikanischen Traums scheinen dort aufeinander zu treffen, wo, so formuliert er es, „riesige Werbetafeln und die Lichter der Broadway-Theater den großen Ruhm versprechen, wo Wohnungslose auf dem Bürgersteig kampieren, während andere ein paar Blocks weiter über die Weltwirtschaft entscheiden“. Hannwackers Bilder beobachten, dokumentieren und verdeutlichen. Sein Blick auf diese Straße führt uns die Widersprüchlichkeiten unserer Zeit vor Augen. 


Sandra Harpreet Singh

In ihrem künstlerischen Rechercheprojekt „Virtual War (on Women)” setzt sich Sandra Harpreet Singh mit dem Zusammenhang von Rechtsextremismus und Formen von Misogynie, also Frauenfeindlichkeit, in digitalen Räumen auseinander. Ihr medienreflexives Vorhaben, das in eine Multimedia-Präsentation münden wird, nimmt damit ein Thema von großer gesellschaftlicher Relevanz in den Blick. In einer sich verdichtenden Materialsammlung verwebt die Künstlerin Ergebnisse investigativer Online-Recherchen mit eigenen Bild- und Videoarbeiten.

Die künstlerische Auseinandersetzung von Sandra Harpreet Singh entwickelt ihre ästhetische Formfindung immer in Verschränkung mit Fragen der Vermittlung. Auf diese Weise gelingt es ihr, die kritischen Inhalte öffentlich zu verhandeln, ohne in die Narrative und Repräsentationen der Täter zu verfallen. So entstehen künstlerische Projekte von sozial-politischer Bedeutung.

Anna Knöller

In ihrer künstlerischen Arbeit beschäftigt sich Anna Knöller mit dem Rechtssystem und Phänomenen der Rechtsprechung. Ihre Recherchen und Ortsanalysen übersetzt sie in abstrahierender Form in unterschiedliche Notationen, mit denen sie die wahrgenommenen räumlichen Strukturen oder situativen Handlungen der Beteiligten in symbolische Zeichensysteme überträgt. Dies können Performances, minimalistische Rauminstallationen oder Kartographierungen sein.

Für ihr neues Projekt „ICC numerus“ setzt sie sich mit der Architektur des Internationalen Strafgerichtshofs (International Criminal Court) in Den Haag auseinander. Dabei interessiert sie vor allem die Rolle des Gebäudes im Hinblick auf dessen Wirkungsmacht und Einfluss auf beobachtete Rituale und Inszenierungen in den Gerichtsverhandlungen. Die Künstlerin transferiert die architektonischen Strukturen und Besonderheiten von Gerichtsaal 1 des ICC in stenografische Notationen. Zusammen mit einer/m Schlagzeuger*in und einer/m Tontechniker*in werden diese als Rhythmen vertont. In einer begehbaren Raum- und Soundinstallation überlagern sich verschiedene Tonspuren, Rhythmen und visuelle Resultate ihrer Raum-Analyse.
Der Internationale Strafgerichtshof als Verhandlungsort des Völkerstrafrechts ist politisch wie gesellschaftlich relevant für zukünftige Generationen. Mit „ICC numerus“ weitet Anna Knöller ihre bisher regionalen und nationalen Forschungen zu Rechtsprechung und Judikative nicht nur auf eine internationale Ebene aus, sondern betont auch die perspektivische Dimension dieser juristischen Verfahren.


Kristina Schmidt

Auf auffallend spielerische und humorvolle Weise bewegt sich Kristina Schmidt in der künstlerischen Arbeit zwischen ihren Medien, verschränkt diese ineinander und bringt sie in Kommunikation. Ihre Malerei verwebt sie zum Beispiel mit Text, Skulptur und Display. Immer wieder steht dabei die künstlerische Existenz selbst inhaltlich im Fokus. In dem Arbeitsvorhaben „endless loop“ intensiviert Kristina Schmidt nun die Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der künstlerischen Soloselbstständigkeit und all den Fallstricken einer kapitalisierten Realität. Dafür holt sie ein Team weiterer Kulturarbeiter*innen an ihre Seite. Mit diesem Stimmenkreis und seinen diversen Perspektiven wird sie eine animierte Skulptur erarbeiten, die gleichzeitig als Display für einen experimentellen Kurzfilm dient. Die Suche nach einer künstlerischen Positionsbestimmung zu Fragen gegenwärtiger Arbeitsbedingungen von Künstler*innen potenziert sich in einem Werk, das im professionellen Austauschprozess einer Gruppe entsteht.

Jurymitglieder

Andrea Huber, Die Färberei; Christian Ganzenberg, Various Others; Theresa Retzer, Haus der Kunst; Katharina Weishäupl, Kunstpavillon; Frauke Zabel, Akademie der Bildenden Künste; Mona Fuchs, Fraktion Die Grünen-Rosa Liste; Dr. Florian Roth, Fraktion Die Grünen-Rosa Liste; Leo Agerer, Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER; Hans Peter Mehling, Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER; Lars Mentrup, Fraktion SPD/Volt

  • 2023: Anna Pasco Bolta
  • 2021: Janna Jirkova
  • 2019: Agnes Jänsch
  • 2017: Franz Wanner
  • 2015: Babylonia Constantinides
  • 2013: Anita Edenhofer
  • 2011: Alexis Dworsky
  • 2009: Stephanie Maier
  • 2007: Yvonne Leinfelder
  • 2005: Christoph Brech
  • 2001: Thomas Steffl

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