Optionsförderung für Freie Tanzschaffende

Mit diesem Instrument fördert die Landeshauptstadt München nachhaltig professionelle Künstler*innen im Bereich Tanz.

Über die Förderung

In diesem Rahmen können Anträge von Tanzschaffenden gestellt werden, die eine mehrjährige erfolgreiche, individuell ausgeprägte Arbeit mit erkennbarer öffentlicher und auch überregionaler Resonanz nachweisen und die durch ihre bisherige Tätigkeit darlegen können, professionell künstlerisch auf qualitativ hohem Niveau zu arbeiten. Darüber hinaus sollten sie über ein leistungsfähiges organisatorisches Potential verfügen und weiterführende Konzepte für die Fortsetzung ihrer künstlerischen Arbeit vorlegen.

Die Optionsförderung erfolgt über einen Zeitraum von drei Jahren. Die maximale Förderhöhe beträgt 100.000 Euro pro Jahr.

Die Optionsförderung für Freie Tanzschaffende erhielten

  • Carolin Jüngst, Ceren Oran, Moritz Ostruschnjak,

Jüngst, Carolin

Die Performerin und Choreographin Carolin Jüngst arbeitet im Duo mit Lisa Rykena und städteübergreifend zwischen Hamburg und München. 2019 kreierten die beiden in der Be­schäftigung mit weiblichen Comicfiguren das Stück „SHE LEGEND“ (2019/2020), für das sie die Debütförderung erhielten, überregional tourten und zur diesjährigen Tanzplattform Deutschland 2022 in Berlin eingeladen worden sind. Bereits in diesem Erstlingswerk zeichnete sich eine eigenwillige künstlerische Handschrift ab, die die beiden aus ihrer schonungslosen und gleichsam sensiblen Auseinandersetzung mit ihren durch verschiedene Ausbildungen geprägten Körpern schöpfen. Diese künstlerische Handschrift haben Rykena/Jüngst in den vergangenen Jahren konsequent weiterentwickelt, etwa in „ROSE LA ROSE“ (2021) durch die Zusammenarbeit mit Künstler*innen wie Ursina Tossi als Audio-Deskriptorin und der blinden Tänzerin Amelia Cavallo. Ihre Befragungen des Körpers basieren auf queerfeministischen, intersektionalen und Ableismus-kritischen Körperdiskursen und der Transformation normativer Kategorisierungen von Körpern. Mit der Optionsförderung möchte sich Rykena/Jüngst auf die Suche nach diesen „Future Bodies“ begeben. Auf der Basis von Science-Fiction-Szenarien und Speculative-Fiction-Narrativen soll eine choreographische Praxis des „Futuristic Story­telling“ entstehen, für das sie in ihrem argumentativ starken wie auch visionären Antrag zahl­reiche aktuelle kunst- und kulturwissenschaftliche Diskurse um Körperpolitiken hinzuziehen und das Feld des Tanzes um menschliche und nicht-menschliche Charaktere, außerirdische Organismen, Cyborgs, Roboter, künstliche Intelligenzen, Klone, Replikant*innen, Widerstands­kämpfer*innen, Despot*innen und Metaphern der Sehnsucht erweitern wollen. Eine zentrale Rolle hierbei spielt die Re- und Trans-Konfiguration von Zeit und ihren Geschichten, um über­haupt Perspektiven und spekulative Sichtweisen auf den Körper und damit zusammenhängen­de neue Ästhetiken zu entwickeln. Als Mittel dienen dazu Audiodeskription und Gebärdenspra­che, um das Verhältnis von Körper und Stimme zu untersuchen und daraus expressive For­men zu entwickeln. Geplant sind neben der Kreation der Stücke „SENSE OF WONDER“ (2022) und „TRANSFIGURED“ (2024) die Intensivierung der künstlerischen Zusammenarbeit (z.B. mit dem Playground von Anna Konjetzky) sowie das Langzeitprojekt „LISTENING“, das sich in verschiedenen hybriden Austausch-, Vermittlungs- und Workshopformaten mit der cho­reographischen Praxis des „Futuristic Storytelling“ auseinandersetzt und als internationale Plattform sich dem Abbau von ableistischen, diskriminierenden und toxischen Strukturen sowie einer barrierefreien und nachhaltigen künstlerischen Arbeit widmet. Diese Verschränkung ge­sellschaftlicher Anliegen der Teilhabe, Diversität und Barrierefreiheit mit einer diffizilen künstle­rischen Praxis und neuer Bühnenästhetiken, wie sie bereits in den erarbeiteten Stücken sicht­bar wurden, überzeugt die Jury und sie empfiehlt für das Künstler*innenduo die Optionsförde­rung in Höhe von 66.000 Euro.

Oran, Ceren

Seit Jahren arbeitet Ceren Oran in München sowie im Ausland als freiberufliche Tänzerin, Choreographin und Soundpainterin. Mit ihren multidisziplinären Projekten mit Kunstschaffen­den anderer Sparten (“Who is Frau Troffea?” (2019), “Rush Hour “(2017), “I Need a man to perform this duet” (2016), und “Heimat..los!” in München (2015), “Youmemeyouhe...” in Wien (2013) oder “Arrimamuebles” in Costa Rica (2010)) war sie weltweit auf Gastspieltourneen. Hinzu kommen ihre erfolgreichen Kreationen von Tanztheater-Performances für Kinder zwi­schen eins und sechs Jahren. Ceren Oran widmete sich in den vergangen drei Jahren ver­stärkt dem Tanz in unterschiedlichen öffentlichen Räumen. Mit ihrem virtuosen Tanz und tollen choreografischen Bildern erreichte sie ein diverses Publikum an unterschiedlichen Orten des Stadtraums . Ceren Oran ist davon überzeugt, dass zeitgenössischer Tanz aus seinen kon­ventionellen (Theater-)Räumen ausbrechen muss. Zeitgenössischer Tanz kann somit beinahe beiläufig mit viel mehr Menschen (z.B. Passant*innen) in Berührung kommen, anstatt nur ei­nem limitierten Publikum gezeigt zu werden. Zeitgenössischer Tanz sollte jederzeit, überall, für alle Menschen zugänglich sein. Mit dem Stück „The Urge“, das als Simultan-Performance im öffentlichen Raum in drei Städten gezeigt wurde, hat sie inmitten der Pandemie eine neuarti­ge Plattform für Tänzer*innen, die den Drang verspüren, sich eine herausfordernd lange Zeit zu bewegen, geschaffen. Ihre Stücke binden das Publikum oft direkt ein und regen sehr nach­haltig zum Nachdenken an. Dabei legt sie eine erstaunliche Leichtigkeit im Umtanzen schwie­riger Themen an den Tag. Im Zuge all dieser Errungenschaften ist ihr jetziger Antrag auf Optionsförderung der nächste logische Schritt, um sich als Künstlerin weiterentwickeln zu können. Die dargelegten Schwerpunkte der Zugänglichkeit, Nachhaltigkeit und Strukturbildung sind nachvollziehbar und notwendig für eine solche Weiterentwicklung. Die Jury spricht sich ausdrücklich dafür aus, ihren Antrag auf 84.000 Euro jährlich zu bewilligen.

Ostruschnjak, Moritz

Seit 2013 arbeitet Moritz Ostruschnjak als freischaffender Choreograph. Er befasst sich in sei­nen Arbeiten mit den Veränderungen der körperlichen und sozialen Erlebnisfähigkeit in Zeiten der Digitalisierung und Virtualisierung. Räume aus Hyperlinks sind seine Werke, die die Me­dienmaschinerie des 21.Jahrhunderts als Motiv und Fundus nutzen und so gesellschaftliche Prozesse gleichermaßen spiegeln wie reflektieren. Sein choreographischer Arbeitsprozess, Pick & Mix, Cut & Paste zusammen mit Improvisationsmethoden ist zu seinem Markenzeichen geworden. Ihm gelingt es, das Publikum in eine andere Dimension mitzunehmen, in eine musi­kalische und tänzerische Flashback-Collage mit ereignisbezogenen Sequenzen aus Politik, Entertainment und Populismus. Moritz Ostruschnjak realisierte durch die städtischen Förde­rungen das Solo „Island of Only Oneland ” sowie die Ensemblestücke „Text Neck”, „BOIDS“, „UNSTERN“ und „AUTOPLAY“. Die Reichweite seiner Produktionen und seines Netzwerkes haben sich durch die Unterstützung des internationalen Netzwerkes Grand Luxe und die Ko­operation mit dem Theater Freiburg 2019 sehr verändert. Seine Organisationsstruktur musste sich diesen positiven Umständen anpassen. Mehrere Werke sind daraus entstanden: „Autoplay“ in Residenz 2020, „Yester:Now“ als Streaming-Premiere 2021 und seine Produktion 2022 „Terminal Beach“ im Utopia in München. Das Publikum und die Tanzszene würdigte sei­ne Arbeit und folgte der Einladung von „Unstern“ zur Tanzplattform Deutschland 2020 und der Aufnahme der Produktion „Tanzanweisungen“ in die Auswahl der Aerowaves Twenty21 Artists. Trotz Pandemieeinschränkungen konnte Moritz Ostruschnjak 2021 eine Residenz am PACT Zollverein wahrnehmen und ist mit seinem Team mit mehreren Produktionen international ge­tourt, darunter nach Ljubljana, Litauen, Kroatien, Lissabon, Luxemburg, Irland u.a. Der Cho­reograph beeindruckt durch seine kontinuierliche künstlerische und organisatorische Entfaltung unter anderem mit der Gasteig München GmbH und mit der TANZWERKSTATT Europa für die Realisierung der Produktion von „Yester:Now“ mit dem er den Deutschen Theaterpreis DER FAUST in der Kategorie „innovativste Produktionen 2021“ erhielt. In diesem Jahr bestehen schon nationale und internationale Anfragen wie die Teilnahme an der Tanzplattform Deutsch­land 2022 in Berlin und beim Think Big Festival in München u.a. Durch die finanzielle Unter­stützung dieser Förderung möchte Moritz Ostruschnjak sich intensiver seiner künstlerischen Arbeit widmen und das Produktions- und PR-Team weiter verstärken, um eine langfristige Planung zu ermöglichen. Sein choreographisches Vorhaben mit Improvisations-Methode kom­biniert mit der Praxis des Sampels von Bewegungen wird weiter vertieft und seine Impulse in den nächsten drei Jahren fortgeführt. Moritz Ostruschnjak wird sich auch weiterhin mit populä­rer Musik und der Vermischung verschiedener Bedeutungsebenen auseinandersetzen. Für sein nächstes Projekt lässt er sich von dem Buch der japanischen Autorin Yoko Ogawas „Insel der verlorenen Erinnerung“ inspirieren. Es geht ihm dabei um den Themenkomplex Erinnern/ Vergessen/Verschwinden im Kontext des Paradoxons der Speicherung von Daten, der Ent­dinglichung und Entkörperung der Welt in Bits und Bytes, die uns unsere Vergangenheit und unsere Physis vergessen lassen. Die Jury erkennt die fortdauernde künstlerische Expansion seiner Netzwerke und seiner Positionierung in der nationalen und internationalen Tanzszene an. Um Moritz Ostruschnjak und seinem Team eine längerfristige künstlerische Planungs­sicherheit zu gewährleisten, empfiehlt die Jury eine dreijährige Optionsförderung in Höhe von jährlich 100.000 Euro.

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