Tanz- und Theaterproduktionen mit Laien
Förderung von Tanz- und Theaterproduktionen professioneller Kunstschaffender mit Laien.
Über die Förderung
Die Landeshauptstadt München fördert seit 2020 jährlich professionelle partizipative Tanz- und Theaterproduktionen mit Laien mit einem Budget von insgesamt 100.000 Euro:
Die Projekte sind geprägt durch vielfältige künstlerische Ausdrucksformen und werden von einem professionellen Team aus allen Bereichen der Darstellenden Kunst angeleitet. Sie zeichnen sich durch Prozessqualität, Partizipation und künstlerische Qualität aus.
Im Sinne der kulturellen Teilhabegerechtigkeit werden Projekte gefördert, die auch solche Menschen ansprechen, die in der Regel wenig Zugang zu Darstellender Kunst finden. Um dies zu erreichen, bedienen sich die Vorhaben spezifischer Inhalte, Methodiken, Proben- und Spielorte sowie Kooperationspartner.
Förderkriterien
Die Ausschreibung richtet sich an Professionelle aus allen Bereichen der Darstellenden Künste. Die Antragstellenden müssen Erfahrungen vorweisen können, die sie für die erfolgreiche Durchführung qualifizieren.
Die Projekte sollen zentrale Punkte der Konzeption Kulturelle Bildung für München befördern. Das heißt, sie bemühen sich, kulturelle Teilhabegerechtigkeit herzustellen und berücksichtigen Aspekte der Inklusion, Diversitätsförderung und Gendergerechtigkeit.
Die Vergabeempfehlung erfolgt über eine Jury.
Die Förderung erhielten
Jurybegründungen
Bellevue di Monaco eG „Odyssee München“
Nach ihrem erfolgreichen Stück „Gilgamesh – leben ohne zu sterben“ wendet sich die Theatergruppe des Bellevue di Monaco mit Homers „Odyssee“ ein zweites Mal einem berühmten Epos zu. Dieses Mal einem Stoff, der zu den ältesten und berühmtesten Texten der abendländischen Kultur gehört. Und wie kaum ein anderer dazu geeignet ist, die Zielgruppe der Geflüchteten konkret und nachhaltig zu erreichen. Überzeugt hat die Jury das Konzept, den bekannten Stoff in einen neuen Kontext zu setzen und – anders als in der antiken Vorlage - aus mehreren Perspektiven zu erzählen: In Schreib- und Improvisationsworkshops soll es nicht nur um die Sicht des kämpfenden Odysseus gehen, sondern auch um die Situation der Zurückgelassenen, insbesondere der wartenden Frau oder des Sohnes, der in den abwesenden Vater eigene Träume projiziert. Persönliche Erfahrungen werden künstlerisch verarbeitet das Epos zu einem Werk erweitern, bei dem das Publikum nicht erfährt, was „echt“ und was „fiktiv“ ist – so werden die Darsteller/innen geschützt und Voyeurismus vermieden. Projekte, wie „Odyssee München“, die Geflüchteten die Möglichkeit bieten, ihre Erfahrungen künstlerisch produktiv zum Ausdruck zu bringen sind rar. Umso wichtiger erscheint es, ein weiteres Projekt von und mit der bereits stabilen Gruppe um Christine Umpfenbach, das darüber hinaus allen an diesen Inhalten Interessierten offen steht, zu unterstützen. Die Jury empfiehlt eine Förderung in Höhe von 19.980 Euro.
Sophie Haydee Colindres Zühlke „IDENTITY“
Sophie Haydee Colindres Zühlke setzt mit „IDENTITY“ nun zum dritten Mal ein Projekt in Bewegung, in dem sich eine Gruppe aus jungen Menschen im Alter von 16 bis 30 Jahren im Rahmen des Urbanen Tanzes mit ihrer eigenen transkulturellen Identität auseinandersetzen. Dabei bringt sie erfahrene Urbane Tänzer*innen wie Brooklyn Odunsi und Marcell Johnson mit Tanzbegeisterten ohne Bühnenerfahrung zusammen und bietet ihnen einen professionellen Rahmen für die gemeinsame Stückentwicklung, für Partizipation und Zugang. Das Zusammenspiel zwischen den beteiligten Profis und Laien ist nicht eindeutig zu differenzieren aber der Jury schien dies für ein gelungenes Endprodukt nicht ausschlaggebend. Die Konstellation bietet allen Beteiligten die Chance, voneinander zu lernen sowie gesehen und gehört zu werden. Die jungen, passionierten Hobbytänzer*innen haben die Möglichkeit, ihre Kunst auf der Bühne zu präsentieren und die Profis werden daran zurückerinnert, was es heißt, „einfach“ zu tanzen. Inhaltlich geht es um die Möglichkeit, unabhängig der kulturellen Herkunft, in einem kreativen Prozess ein gemeinsames Kunstwerk zu kreieren. In der urbanen Tanzszene gibt es große Nachfrage nach einer Plattform, die es ermöglicht, die innere Zerrissenheit zwischen Kulturen zu erforschen, darzustellen und hierfür eine Stimme zu finden. Sophie Haydee Colindres Zühlke erreicht dabei die Zielgruppe konkret und nachhaltig und immer mehr Teilnehmende können gewonnen werden. Die Jury ist davon überzeugt, dass hier in einem sicheren Rahmen komplexe Themen verhandelt werden und eine künstlerisch ansprechende und für die Teilnehmenden empowernde Tanzproduktion erarbeitet wird. Sie empfiehlt eine Förderung in Höhe von 20.000 Euro.
Andrea Marton „Alter-na-rra-tive Körper“
Gerade in Zeiten körperlicher Hyper-Visibilität schaffen Projekte wie ‘Alter-na-rra-tive Körper’ von Andrea Marton und Stephanie Felber wichtige, künstlerische Diskursräume für diese gleichzeitig intime, private, öffentliche und vor allem auch politische Thematik. Die Frage nach der Marginalisierung von verschiedenen Körperlichkeiten ist auch im Tanz zentral. Je nach Form, Stil, oder Ästhetik sind bestimmte Körper kaum wahrnehmbar oder gelten als unpassend. Wessen Körper gilt als Norm, welcher nicht? Welchen Körpern wird Freiheit, Sichtbarkeit, auch Schönheit zugesprochen und welchen nicht? Und auf welche soziokulturellen Strukturen greifen solche Zuschreibungen zurück? Das Projekt fördert und spiegelt so über Tanz hinaus auch den gesellschaftlichen Umgang mit Körpern und Körperlichkeiten. ‘Alter-na-rra-tive Körper’ überzeugt auch durch die beschriebene Verbindung von Performances, Videos und Gesprächsformaten. Diese Konstellation von technisch, ästhetisch und auch kommunikativ unterschiedlichen Räumen fördert die Entwicklung verschiedener Perspektiven, Ausdrucksformen und (Tanz)Sprachen, innerhalb der bereits komplexen Thematik. ‘Alter-na-rra-tive Körper’ fördert so auch eine hochgradige Partizipation in der Körperarbeit mit Laien. Andrea Marton und Stephanie Felber, auch überzeugend durch ihre starke Vernetzung in der lokalen Freien Szene, zeigen auch ihr Bewusstsein dafür, dass gerade dieses Projekt davon lebt, dass diverse Menschen hier partizipieren. Die Jury empfiehlt eine Förderung in Höhe von 18.500 Euro und ist auf die Umsetzung sehr gespannt.
Open House am PATHOS Theater: „Fressen oder gefressen werden“
Open House beschäftigt sich in seiner neuen Produktion mit den gesellschaftlichen Strukturen von Konkurrenz, Optimierungszwang und den Auswirkungen dieses Phänomens auf Individuen und Systeme. Der Ansatz von Open House verhandelt den Themenkomplex differenziert und aus verschiedenen Positionen: aus der allgemeinen gesellschaftlichen Position, aus der Position von Jugendlichen und jungen Erwachsenen, aus der Position von Theaterschaffenden und aus der Position der eigenen Erfahrung der Performenden in früheren künstlerischen Arbeiten.
In ‚Fressen und gefressen werden‘ fügen sich Inhalt und Format der Zusammenarbeit ideal zusammen: Wie als Gegenentwurf zum gesellschaftlich allgegenwärtigen Konkurrenzkampf schöpft das Ensemble aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus den Potentialen in den eigenen Reihen: Zauberei, Drag, Tanz, Live-Musik, Rauminstallationen, Video oder gesprochene Sprache. So entsteht ein künstlerischer Experimentierraum mit möglichst flachen Hierarchien, der die Expertise des Einzelnen – teils mit beruflichen Theatererfahrungen, teils ohne – in den Mittelpunkt stellt.
Die Jury würdigt den Antrag von Stella Neuner / Open House explizit vor dem Hintergrund, dass der Produktionsprozess von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen selbst gestaltet und trotzdem professionell gerahmt wird. Dafür, dass diese Gruppe ihre Themen in ihrer eigenen Sprache verhandelt und die künstlerische Handschrift und Kraft aus diesem besonderen Kollektiv entsteht, empfiehlt die Jury eine Förderung in Höhe von 5.000 Euro.
Laura Saumweber: ”Choreografische Werkstatt: Ode an die Dinge XXL“
Das Projekt "Choreografische Werkstatt: Ode an die Dinge XXL" von Laura Saumweber zeichnet sich durch eine klare Struktur und realistische Umsetzung aus. Es bietet einen niedrigschwelligen Zugang zu zeitgenössischem Tanz für geflüchtete Kinder und Jugendliche, indem diese das Theater zunächst als Zuschauer*innen kennenlernen können und anschließend selbst performen. Diese Herangehensweise, die den Übergang von Rezeption zur aktiven Teilnahme ermöglicht, ist ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal. Besonders positiv hervorzuheben ist die enge und langjährige Zusammenarbeit mit der Refugio-Kunstwerkstatt, die eine vertrauensvolle Betreuung und Begleitung der Teilnehmenden sicherstellt. Die künstlerische Leitung und die pädagogische Expertise schaffen gemeinsam einen kreativen Raum, der auf die individuellen Bedürfnisse der Teilnehmenden eingeht und ihnen ermöglicht, ihre eigene kreative Stimme zu entdecken und auszudrücken. Das Projekt spricht Kinder und Jugendliche an, die sonst wenig Zugang zu solchen künstlerischen Angeboten haben, und bietet ihnen die Chance, sich in einem professionellen Rahmen auszuprobieren. Die Jury empfiehlt eine Förderung in Höhe von 20.000 Euro.
Spagat Theater, Horizont e. V.: „Traumzirkus #LOVEdomagk IV“
Das Projekt „TRAUMZIRKUS (AT)" ist ein partizipatives Tanztheaterprojekt der Kulturbühne Spagat in Kooperation mit der gemeinnützigen Initiative HORIZONT e. V.. Barbara Galli-Jescheck und Philipp Jescheck setzen damit die #LOVEDOMAGK-Reihe fort. Im Fokus stehen die jungen Bewohner*innen aus dem Domagkpark und den angrenzenden Vierteln, denen das Projekt eine Plattform bietet, um ihre Träume und Utopien künstlerisch auszudrücken. Dabei haben die Kinder und Jugendlichen nicht nur die Möglichkeit, die Mittel des zeitgenössischen Theaters und des Tanzes zu erforschen, sondern können auch ihre eigenen Kostüme in den Werkstätten des HORIZONT-Hauses selbst gestalten. Da das Projekt im Freien stattfindet, wird der Dialog zwischen den Teilnehmenden und den Anwohner*innen zusätzlich gefördert. Die Verbindung von kultureller Bildung im urbanen Raum und dem intergenerationalen Austausch mit den Anwohner*innen ist wertvoll, da sie das Verständnis zwischen Altersgruppen fördert und einen Ort für kreative Ideen und vielfältige Perspektiven schafft. Das Konzept überzeugt durch kreative Teilhabe und kulturelle Inspiration im öffentlichen Raum, weshalb die Jury eine Förderung in Höhe von 18.470 Euro empfiehlt.
- 2025
Bellevue di Monaco eG „Odyssee München“
Sophie Haydee Colindres Zühlke „IDENTITY“
Andrea Marton „Alter-na-rra-tive Körper“
Open House am PATHOS Theater: „Fressen oder gefressen werden“
Laura Saumweber: ”Choreografische Werkstatt: Ode an die Dinge XXL“
Spagat Theater, Horizont e. V.: „Traumzirkus #LOVEdomagk IV“ - 2024
Bellevue di Monaco eG „Global Player: Menschen und Märkte“
Chris Hohenester, Young Pathos Kollektiv „Make love not war“
Kathrin Knöpfle „Naturkreislauf – Tanz und Kunst in der Natur“
Sophie Haydee Colindres Zühlke: „INSIDE KLDSKP“
Stella Neuner, Open House Project „Sich verstecken”
- 2023
Iris Mirjam Behnke „memory – generationenübergreifendes Tanz-Performance-Projekt“
ELLE Kollektiv GbR „Graulieschen“
Sabine Sabine „Fast Fashion – Tanztheater“
Kulturbühne Spagat / HORIZONT e.V. „EMOTIONS - DOMAGK DANCE PROJECT“
Lara Paschke „playing places“
Thalia Schöller „Freispruch“ - 2022
Callie Arnold: „Puls der Gemeinschaft: Co-Existing Rhythms“
Bellevue di Monaco eG: „Gilgamesch 2022“
Chris Hohenester und Young Pathos Kollektiv: „Visionen“
Andrea Marton & Stephanie Felber: „Du. Er. Sie. Wir! ZUSAMMEN-geh-HÖREN“
Verena Regensburger: „München – Augenblick mal!“
Caroline Tajib-Schmeer: Ein szenisches gespieltes und getanztes Live-Hörspiel zum Thema „Corona“ erarbeitet und dargestellt von Jugendlichen gemeinsam mit Profis -
2021
Iris Mirjam Behnke: „#the truth will set U free – vom Suchen und Verlieren von Wahrheit“
Bellevue Di Monaco EG: „Arriving in Munich – I‘ve got a paper“
Barbara Galli-Jescheck & Philipp Jescheck: „Lieblingsorte #domagk“
Kultur Le Muc: „Deutsche Sagen leicht gekürzt“
What you See is what you get – Theaterkollektiv: „Als ich mal anders war“ (AT) -
2020
Callie Arnold: „Puls der Gemeinschaft: Suche nach Verbindung“
Angela Guerreiro: „WIR“
AsylArt e.V.: „Kommen wir zusammen?“
Theaterkollektiv „what you see is what you get“: „Die Resi und der Kasperl“
Chris Hohenester: „Young Pathos Kollektiv“
Marie Nüzel: „Der kleine Wassermann“
Spielen in der Stadt e.V.: „Tanz.Die.Invasion“