Debütförderung für Freie Tanzschaffende

Die Förderung richtet sich an professionelle Künstler*innen aller Altersgruppen, um ihnen den Weg in die künstlerische Berufstätigkeit zu erleichtern.

Über die Förderung

Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich Debütförderungen in Höhe von bis zu 20.000 Euro für ein konkretes Arbeitsvorhaben im Bereich Tanz.

Ziel ist es, erste professionelle Projekte, deren künstlerischer Ansatz und qualitativer Anspruch als eigenständig und künstlerisch erfolgversprechend beurteilt werden, zu ermöglichen. Die eingereichten Vorschläge werden von einer Jury in Hinblick darauf geprüft.
Die Förderung richtet sich an Künstler*innen aller Altersgruppen, um ihnen den Weg in die künstlerische Berufstätigkeit zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass sie im Rahmen beziehungsweise zum Abschluss ihrer professionellen Ausbildung oder durch eine gleichwertige Referenz ihren hohen künstlerischen und qualitativ eigenständigen Ansatz unter Beweis gestellt haben.

Wichtiger Hinweis

Bitte beachten

Aufgrund der geplanten Haushaltskonsolidierung für das Jahr 2025 kann es zu Abweichungen der empfohlenen Fördersummen kommen.

Die Debütförderung für Freie Tanzschaffende erhielten

Chris-Pascal Braun: OVERTIME

Chris-Pascal Braun schloss seine Ausbildung zum Bühnentänzer 2017 an der Iwanson International School of Contemporary Dance ab und arbeitete anschließend als Tänzer, Schauspieler und Dozent innerhalb und außerhalb Münchens. Nach seiner Tanzausbildung schuf er erste choreografische Arbeiten, in denen er nach der Verschmelzung von Physikalität, Emotionalität und Theatralik sucht. Bei „Hier=Jetzt“ 2024 stellte er mit „OVERTIME“ ein hypnotisierendes Gruppenstück für acht Tänzer*innen vor, das mit dem Publikumspreis ausgezeichnet wurde. Inspiriert von Samuel Becketts Einakter „Rockaby“ entwickelt der Künstler daraus das Schaukeln bzw. Wiegen als zentrales Bewegungsmaterial und formuliert gleichzeitig eine inhaltliche, choreografisch artikulierte Gegenposition. Diese Arbeit soll nun zu einer abendfüllenden Debütproduktion weiterentwickelt werden, in der die Koexistenz von Zärtlichkeit und Brutalität, Euphorie und Trauer, Privileg und Ungerechtigkeit stärker im Fokus stehen wird. Schon aus dem bereits existierenden Kurzstück geht das choreografische Potential und die künstlerische Vision dieses Projektvorhabens deutlich hervor: starke Bilder von szenischer Kraft, großzügig sinnliche Bewegungsqualitäten und eine fein ausbalancierte Dramaturgie – und über allem steht die unübersehbare Freude am Tanz, an der Bewegung und dem Ausdruck. Die Jury empfiehlt eine Förderung des Debüts in Höhe von 19.999 Euro.
 

Kathrin Knöpfle: Mother Tongue

Die Performerin und gelernte Holzbildhauerin Kathrin Knöpfle ist seit einigen Jahren fest in der Münchner Tanzszene verankert und hat seither vielbeachtete künstlerische Arbeiten an der Schnittstelle zwischen Tanz und bildender Kunst auf den Weg gebracht. Mit ihrem Antrag im Jahr 2022 für ein Fortbildungsstipendium zu „Mother Tongue“, welches sich mit dem Tabuthema arrangierter Ehen in Deutschland auseinander­setzte, konnte sie bereits in der Vergangenheit überzeugen. Der aktuelle Antrag auf eine in diesem Kontext aufbauende installative Ausstellung mit Solo-Live-Performance und partizipativem Angebot bestehend aus sechs Erfahrungsräumen scheint folgerichtig und in der Konzeption schlüssig und stringent. Die Bereitschaft der räumlichen Kooperation mit dem ZIRKA - Zentrum für interdisziplinäre Raum- und Kulturarbeit, wo das Event an vier Tagen im Mai 2025 stattfinden soll, liegt vor. Die Jury verspricht sich eine wichtige und nachhaltige Veranstaltung, welche in den gesellschaftlichen Diskurs geht und den Bogen von individuellen und kollektiven Traumata spannt. Aus diesem Grund empfiehlt die Jury eine Debütförderung in Höhe von 20.000 Euro.
 

Nicola Kötterl: „Tears and Squats for Cicero“ (AT)

Die künstlerische Praxis von Nicola Kötterl ist an der Schnittstelle von Tanz, Choreografie und bildender Kunst verortet und erforscht die politischen Dimensionen von Körpern und Bewegung. Nach ihrer Ausbildung im zeitgenössischen Tanz an der Etage und der Tanzfabrik in Berlin studierte sie Choreografie an der Academy of Theatre and Dance (SNDO) in Amsterdam. Zudem studiert sie seit 2018 an der Akademie der Bildenden Künste in München Neue Medien und Bildhauerei in den Klassen von Julian Rosefeldt und Alexandra Bircken, seit 2023 in der Performance Klasse bei Alexandra Pirici. Für ihr Debüt „Tears and Squats for Cicero“ (AT) möchte Nicola Kötterl die Politisierung von Emotionen im Sport – besonders in Bezug auf das Geschlecht – untersuchen und hat dafür ein detailliert recherchiertes und durchdachtes Konzept vorgelegt, das sich diesem brisanten Themen­komplex analytisch sezierend nähert. Ihre bisherigen Arbeiten haben gezeigt, dass sie nicht nur auf diskursiv-inhaltlicher Ebene stark aufgestellt ist, sondern auch in der choreogra­fischen Umsetzung eine eigene Sprache findet, die von großer Klarheit und Unmittelbarkeit bestimmt ist und mit entschiedenen ästhetischen Setzungen arbeitet. Die Jury empfiehlt eine Debütförderung in Höhe von 19.999 Euro.


Hannah Kriesmaier: field work (AT)

Hinter dem doppelsinnigen Arbeitstitel „field work“ verbirgt sich zum einen eine Auseinander­setzung mit landwirtschaftlicher Feldarbeit als körperbasierter Praxis und zum anderen methodisch auch eine ethnografische Herangehensweise, indem (u.a. unter Einbezug von Interviews und historischem Material) Kontexte an der Schnittstelle von Natur und Kultur ausgelotet werden.

Ausgebildet an der IWANSON International School und dann an den renommierten zeitgenössischen Tanzschulen wie der Amsterdamer Universität der Künste sowie am HZT Berlin, war Hannah Kriesmaier bereits in Stücken der Münchner Tanzszene zu sehen (etwa in „Songs of absence“ von Anna Konjetzky). Mit einem vierköpfigen künstlerischen Team möchte sie im Rahmen ihres Debüts das Publikum in eine hyperreale land(wirt)schaftliche Arbeit zwischen Environment, Gemälde und Simulation einladen.

Für die Umsetzung dienen ihr die zeithistorischen Referenzen zum Blauen Reiter, persönliche Familiengeschichten sowie die kritische Reflexion von Feldarbeit zwischen Romantisierung und Entfremdung. Diese Positionierung lässt einiges erwarten, greift sie doch die aktuell kritische Reflexion der Moderne in den Künsten und ihre ambivalenten Auswirkungen auf lokale wie globale Zusammenhänge auf. Denn nicht nur der Blaue Reiter ließ sich vom ländlichen Leben inspirieren, sondern auch viele Tanz- und Gymnastik­strömungen um 1900 (man denke etwa an die Frauengemeinschaft Loheland in der Rhön oder den berühmten Künstlerhort Monte Verità im Schweizerischen Ascona) schulten den menschlichen Körper an der Schnittstelle von landwirtschaftlichen Praktiken, handwerklichen Tätigkeiten und in engem Bezug zur Natur und ihrer Kreisläufe, wodurch sich das Fundament des modernen Tanzes bildete. Die Choreografin will sich in diesem Kontext neben Rhythmisierung, Ritual und Folklore insbesondere den Themenfeldern Mechanisierung, Massenproduktion und Ausbeutung widmen. Unter Einbezug von Praktiken des Queerings und der Virtualisierung – demnach alternativer verkörperter Imaginationen – soll ein „metamoderner“ Körper konstruiert und choreografisch untersucht werden.

Diese fundierten tänzerisch-choreografischen Ansätze, die demonstrierte historische Tiefe und eine durchdachte Anbindung an zeitgenössische Diskurse überzeugen und entwerfen für „field work“ interessante künstlerische wie gesellschaftspolitische Querverbindungen, die direkt am Körper ausgehandelt werden. Die Jury ist gespannt auf die Umsetzung dieses ungewöhnlichen Themas und befürwortet eine Debütförderung in Höhe von 20.000 Euro.

  • 2024
    Alina Belyagina; Anima Henn; Miriam Jakob
  • 2023
    Magdalena Hofmann; Marie Jacksch/Service not included; Fabian Maria Riess
  • 2022
    Jin Lee, Jan Struckmeier

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