Stipendien für Bildende Kunst
Das Kulturreferat vergibt jährlich sechs Stipendien als Förderung von Projekten in allen Bereichen der Bildenden Kunst.
Förderung für junge Künstler*innen
Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich sechs mit jeweils 8.000 Euro dotierte Stipendien im Bereich Bildende Kunst. Ziel der Stipendien ist die Förderung von Münchner Künstler*innen am Anfang der Professionalität. Für die Bewerbung wird eine abgeschlossene, einschlägige akademische Ausbildung vorausgesetzt.
Eine vom Stadtrat berufene Jury bereitet einen Entscheidungsvorschlag vor. Der Stadtrat entscheidet aufgrund der Vorschläge der Jury in nichtöffentlicher Sitzung.
Eigenbewerbung ist erforderlich.
Stipendien für Bildende Kunst erhielten
Veronica Burnuthian und Aelita le Quément, Sima Dehgani, Ossian Fraser, Michael Schmidt und Melina Hennicker und Andreas Woller, Michael Mönnich, Franziska Schrödinger
Jurybegründungen
Veronica Burnuthian und Aelita le Quément
Das Künstler*innen-Duo Panty Paradise – Veronica Burnuthian und Aelita Le Quément – versteht sich als „queer-translesbische Kunstmaschine“ zur Erforschung der Trans-Evolution, also der Transformation von Identität, Beziehungen und gesellschaftlichen Dynamiken durch soziale und biologische Prozesse. Beide Künstler*innen kennen sich seit ihrem Studium an der Akademie der Bildenden Künste München und arbeiten seit 2022 als queeres Künstler*innenpaar zusammen. In ihren Arbeiten bewegen sie sich oft spielerisch und humorvoll in einer Glitchcore-Ästhetik; dabei verweben sie unterschiedliche Medien wie Malerei, Text, Skulptur, Zines, Video, Musik und Installation.
In ihrem Projekt „Moonglow“, das eine Fortführung und Weiterentwicklung vorangegangener Arbeiten darstellt, und das sie mit ihrem Stipendium in den Kunstarkaden und im PIP München im Herbst 2025 realisieren wollen, beschäftigen sie sich mit den Themen Trans-Evolution und Neo-Intimität. Im Mittelpunkt steht dabei die Idee einer neuen Art von Nähe, die dort entsteht, wo Symbiose, Abhängigkeit und Machtungleichgewichte ineinanderwirken. Das Projekt untersucht Beziehungen zwischen verschiedenen Wesen und Existenzformen, die von parasitären oder symbiotischen Dynamiken geprägt sind. Parallelen zwischen Natur, Gesellschaft und Science-Fiction werden gezogen um zu zeigen, wie Intimität, Kontrolle und Abhängigkeit miteinander verwoben sind – ähnlich wie bei einer Qualle, die durch ihre symbiotischen Algen am Leben bleibt, dafür aber einen Teil ihrer Eigenständigkeit aufgibt.
Panty Paradise lädt dazu ein, neu über Beziehungen und Identität nachzudenken und sich vorzustellen, wie Nähe in der Zukunft aussehen kann, wenn immer deutlicher wird, dass Abhängigkeiten und Autonomie kaum noch voneinander zu trennen sind.
Sima Dehgani
In der multimedialen Arbeit „Mittelschule“ entwickelt die Fotografin und Künstlerin Sima Dehgani zusammen mit Jugendlichen ein Portrait dieser sogenannten Generation Z zwischen Dokumentation und Fiktion. Dabei befasst sie sich mit den Erfahrungen sozial benachteiligter Schüler*innen, die in einer von digitalen Technologien und sozialen Medien geprägten Welt aufwachsen. Im Zentrum steht das alltägliche Erleben der Schüler*innen in einer prägenden Phase ihres Lebens: dem Übergang vom Kindsein ins Erwachsenenalter. Das Projekt dokumentiert nicht nur den schulischen Alltag, sondern schafft auch Raum für einen interaktiven Austausch. In Gesprächen und Workshops begegnen sich Künstlerin und Jugendliche auf Augenhöhe, um gemeinsam über Fragen der Identität und Selbstwahrnehmung nachzudenken, sich kreativ mit der eigenen Außenwirkung auseinanderzusetzen und sich vor der Kamera zu inszenieren. Unterstützt durch eine professionelle Maskenbildnerin sind die Jugendlichen eingeladen, eigene künstlerische Selbstdarstellungen sowohl im analogen wie im digitalen Raum zu entwickeln. Auf diese Weise werden die Jugendlichen nicht nur Teil des Projekts, sondern zu aktiven Mitgestalter*innen ihrer Repräsentation. „Mittelschule“ thematisiert die Sichtbarkeit, Lebensrealität und Selbstinszenierung von Jugendlichen in der heutigen Zeit.
Besonders hervorzuheben ist die respektvolle und kollaborative Arbeitsweise der Künstlerin. Die Umsetzung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Mittelschule am Winthirplatz in München. Das Projekt bewegt sich bewusst und kritisch zwischen Kunst und Sozialdokumentation und leistet einen bedeutenden Beitrag zu einer vielschichtigen Sichtbarmachung marginalisierter Perspektiven.
Ossian Fraser
Ungewöhnliche bildhauerische Setzungen und poetische Neuvermessung mittels Fotografie sind die zwei zentralen künstlerischen Prinzipien von Ossian Fraser. Der Künstler denkt seine physischen Interventionen stets aus der Perspektive ihrer fotografischen oder filmischen Dokumentation und entwickelt diese direkt vor Ort. Im Zusammenspiel von Präzision, Sensibilität und materieller „Bescheidenheit“ besetzt Fraser eine Zwitterposition zwischen ephemerer Bildhauerei und klassischer Lichtbildkunst. Frasers Kreise und Quadrate – oft aus Staub, Schnee, farbigen Gasen oder anderen vor Ort gefundenen Materialien – tauchen in urbanen Räumen oder in der Natur auf. Doch diese reduzierten Formen sind weder unmissverständliche Zeichen, noch sind sie mit Inhalt gefüllt. Vielmehr ermöglichen sie ihren Betrachter*innen einen neuen Blick auf die verborgenen Eigenheiten der ausgewählten Orte.
Fraser erhält das Stipendium für eine neue Werkgruppe aus Fotografie, Skulptur und Film, die er in zwei kontrastierenden Landschaften erarbeiten möchte: den Salzfeldern der Camargue und einem Moor im Norden Schottlands, in dem ein neuer Weltraumbahnhof entstehen soll. An beiden Orten fokussiert sich Fraser auf die Eingriffe des Menschen in natürliche Ökosysteme, auf ihre Ästhetik, Bedrohtheit und symbolische Aufladung. Wie lassen sich auf bildkünstlerischem Wege neue Perspektiven auf Landschaft als kulturellem und politischen Raum eröffnen? Frasers Werke antworten darauf, indem sie sich in ihren Kontext einfügen, in den Fluss der Zeit und den Lauf der Dinge.
Michael Schmidt, Melina Hennicker, Andreas Woller
Mit dem Konzept „Kleine Programme“ haben die Künstler*innen Michael Schmidt, Melina Hennicker und Andreas Woller einen präzise strukturierten Versuchsaufbau für ihr Projektvorhaben vorgestellt: Jede*r der drei Künstler*innen entwickelt ein sogenanntes kleines Programm, als eigenes Regelwerk, in dem er oder sie in einer bestimmten Verbindung von Körper und Material agiert. In diesem jeweiligen Programm, das sich im Arbeitsprozess selbst weiter modifiziert, arbeiten die Künstler*innen zunächst isoliert jeweils als Einzelne für sich und treffen schließlich aufeinander. Der zeitliche Verlauf und der körperliche Einsatz der Künstler*innen stellen in diesem Versuchsaufbau die Unbekannten dar. Erst im Verlauf des Experiments werden die Einflüsse auf ihre skulpturale Umgebung und die jeweils anderen Programme sichtbar. Metaphorisch berührt die unweigerliche Kollision der drei unterschiedlichen Programme aktuelle gesellschaftliche Fragestellungen: Was macht die Arbeit des Menschen in Zeiten der künstlichen Intelligenz aus, und was unterscheidet menschliche Arbeit von maschineller Produktion, aber auch die Frage, welche neuen sozialen Gefüge oder Gemeinschaften sich durch das Aufeinandertreffen und Interagieren von unterschiedlich geprägten Individuen bilden.
Seit 2013 arbeiten Melina Hennicker und Michael Schmidt als Künstler*innenduo zusammen und setzen sich explizit mit sozialen Strukturen und deren untergründigen Systemen auseinander. In ihrem beeindruckend weit gefassten Werk entstehen häufig multimediale Installationen und Environments als performative Räume, in denen der eigene Körper der Künstler*innen als Instrument für ihre prozessorientierten und ergebnisoffenen Versuchsanordnungen dient. Zur Erhöhung der Komplexität erweitert Andreas Woller als dritte künstlerische Position und Perspektive in „Kleine Programme“ diese neu entwickelte Versuchsanordnung.
Michael Mönnich
Michael Mönnich ist ein sensibler Beobachter, der sich in seinem künstlerischen Schaffen, das Skulptur, Fotografie und Bewegtbilder umfasst, bewusst auf die eigene Wahrnehmung fokussiert und zudem die Produktionsbedingungen seiner Bilder hinterfragt. Durch diese Einengung können wir ihm beim „Nachdenken“ über die Entstehung von Kunst generell und über die Spezifika seiner technischen Hilfsmittel – insbesondere Videokameras und Fotoapparate – gleichsam über die Schulter schauen. Auf den ersten Blick wirken seine Fotografien, ortspezifischen Installationen und skulpturalen Konstellationen selbstverständlich, doch sie basieren auf ebenso subtilen wie präzisen Verschiebungen unserer Wahrnehmungsmuster. Auch für die geplante Videoarbeit, für die Mönnich das Stipendium der Stadt München erhält, widmet er sich einem visuellen Phänomen, das vielen bekannt sein dürfte: Sitzt man in einem anfahrenden Zug und blickt aus dem Fenster auf einen gleichzeitig anfahrenden Zug nebenan, entsteht, konzentriert man sich auf dessen Innenraum, die Illusion von Stillstand in Bewegung. Mit einem historischen Verweis auf die weltberühmten filmisch-fotografischen Werke von Eadweard Muybridge möchte Mönnich diesen Moment des „bewegten Stillstandes“ visuell nachstellen – mit zwei Fahrzeugen, wobei eines davon ein Pferd transportiert. Der Künstler folgt damit seiner visuellen Experimentierfreude, erkundet die Möglichkeiten ästhetischer Freiheit und nutzt die Kraft der Kunst, um seinen Betrachter*innen neue, bewusstere Wahrnehmungspfade zu eröffnen.
Franziska Schrödinger
Die mehrfach ausgezeichnete Fotografin und Künstlerin Franziska Schrödingers stellt in ihrem neuen, multimedial angelegten Projektvorhaben „Anguilla Anguilla“ den Europäischen Aal ins Zentrum ihrer künstlerischen Recherche. Anhand dieses faszinierenden und vom Aussterben bedrohten Wanderfischs reflektiert sie über die Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur und den daraus resultierenden komplexen globalen Problematiken wie dem Klimawandel, Artensterben, Lebensraumverlust. So beschäftigt sie sich nicht nur mit den Fischen selbst, sondern auch mit den verschiedenen Akteuren rund um den Aal in Forschung, Fischerei und Wirtschaft.
Für die finale Präsentation des Projekts ist eine Ausstellung geplant, in der ihre Recherchearbeit und künstlerische Reflexion sichtbar werden. Mithilfe verschiedener Medien – Fotografie, Found Footage, Video und Audiomaterial – verwebt sie die unterschiedlichen thematischen Stränge und schafft so eine vielschichtige Verbindung zwischen ihrer subjektiven Wahrnehmung und dokumentarischer Herangehensweise.
Mitglieder der Jury
Dr. Anita Edenhofer (BBK München und Oberbayern e.V), Andrea Huber (Die Färberei), Christian Ganzenberg (Various Others), Andreas Mitterer (Kunstverein Ebersberg), Dr. Helena Pereña, (Museum Villa Stuck), Katharina Weishäupl (Kunstpavillon) und aus dem Stadtrat: Mona Fuchs (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste-Volt), David Süß (Fraktion Die Grünen-Rosa Liste-Volt), Leo Agerer, (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER), Ulrike Grimm (Fraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) und Lars Mentrup (Fraktion der SPD)
- 2024
Cana Bilir-Meier, Katrin Bittl, Vincent Hannwacker, Sandra Harpreet Singh, Anna Knöller, Kristina Schmidt, Béla Juttner - 2023
Julia Klemm, MarinA, Philipp Gufler, Paulina Nolte, Minjae Lee, Laura Ziegler - 2022
Clara Laila Abid Alsstar, Kalas Liebfried, Jonghoon Im, Janina Roider, Patrik Thomas, Giulia Zabarella - 2021
Beowulf Tomek, Janina Totzauer, Gülbin Ünlü und Paul Valentin - 2020
Samuel Fischer-Glaser und Angela Stiegler, Laura Leppert, Anna M. Pascó Boltà, Viola Relle und Raphael Weilguni - 2019
Gretta Louw, Lorenz Mayr, Jonas von Ostrowski, Judith Neunhäuserer und Mathias R. Zausinger - 2018
Elke Dreier, Stefan Fuchs, Lee JiYoun, Lena Policzka - 2017
Timothy Bennett, Federico Delfrati, Zita Schüpferling, Carina Shoshtary - 2016
Ben Goossens, Lukas Kindermann, Keiyona Constanze Stumpf, Verena Seibt & Thomas Splett - 2015
Felix Leon Westner, Agnes Jänsch, Stefanie Hofer, Carsten Nolte - 2014
Heike Jobst, Angela Stauber, Anja Uhlig, Lisa Katrin Winkler - 2013
Ulrich Gebert, Esther Rutenfranz, Peter Weiss, Ralf Homann / Manuela Unverdorben - 2012
Anuk Miladinović, Elisabeth Magdalena Reitmeier, Ulla Rossek, Franz Wanner - 2011
Gürsoy Dogtas, Jadranka Kosorcic, Stefan Lenhart, Nina Annabelle Märkl - 2010
Benedikt Gahl / Veit Kowald, Kaori Nakajima, Andreas Lang, Susanne Wagner - 2009
Albert Coers, Daniel Permanetter, Christian Schnurer, Clea Stracke & Verena Seibt Anna McCarthy - 2008
Veronika Dimke, Lisa Erb, Silke Markefka & Nikolai Vogel und Peggy Meinfelder - 2007
Andrea Faciu, Lucia Falconi, Paul Huf und Alexander Steig - 2006
Helen Britton, Christian Engelmann, Stefano Giuriati und Erika Krause - 2005
Beate Engl, Gregor Passens, Stefanie Trojan, Valio Tschenkov - 2004
Heike Döscher, Stefan Eberstadt, Jens Kabisch, Claudia Wieser - 2003
Nevin Aladag, Tom Früchtl und Wolfgang Stehle, Michael Schrattenthaler, Stephanie Senge - 2002
Petra Gerschner, Jürgen Heinert, Eva Leitolf, Martina Salzberger - 2001
Loretta Lux, Stephanie Maier, Thomas Thiede, Friederike & Uwe - 2000
Lela Budde, Angela Dorrer, Wolfgang Groh, Veronika Veith - 1999
Burkard Blümlein, Pauline Schimmelpenninck, Ulrich Schmitt, Andreas Wutz - 1998
Angelika Böck, Angelika Hoegerl, Julia Kissina, Ursula Rogg - 1997
Sabine Fockner, Pia Lanzinger, Anna Leonie, Theda Radtke, Nevin Aladag (Leonhard– und Ida–Wolf–Gedächtnispreis) - 1996
Christiane Dörrich, Rawle Harper, Sabine Haubitz, M + M - 1995
Maria Buchner, Karl Fritsch, Sabrina Hohmann, Kristine Oßwald - 1994
Stefan Becker, Zoltan Jokay, Michael Lutz, Martin Schmidt - 1993
Roland Fischer, Iris Hackl, Michael Hauffen, Thomas Huber - 1992
Anna Anders, Johannes Brunner&Raimund Ritz, Kay Winkler, Jess Walter - 1991
Sabine Kammerl, Eva Ruhland, Hubertus von Skal, Stefanie Unruh - 1990
Patricia London Ante Paris, Uwe Oldenburg, Bert Rückert, Pavel Schmidt - 1989
Carola Heine, Gabi Höbel, Hans-Peter Porzner, Brigitte T.A. Tischler - 1988
Doris Titze, Reiner Wiesemes, Wolfgang Achmann, Michael Kunze - 1987
Michaela Melián, Johannes Muggenthaler, Haralampi (Harald) Oroschakoff, Alexandra Stadtbäumer - 1986
Magdalena Jetelova, Michael Böhmer, Petra Linck, Angelika Bader ⁄ Dietmar Tanterl - 1985
Aribert von Ostrowski, Svava Björnsdottir, Monika Huber, Anna Tretter - 1984
Hubertus Reichert, Regine von Chossy, Christoph Drexler, Samuel Rachl - 1983
Lali Johne–Honsell, Stephan Huber, Kuno Lindenmann, Ursel Lill–Stühler, Michael Eckle, Peter Casagrande, Joachim Jung, Rotraut Fischer, Horst Thürheimer, Herbert Rometsch - 1982
Helmut Rieger, Michael von Cube, Albert Hien, Viktor Kraus, Lukas Duwenhögger, Peter Mell, Heiko Herrmann, Wilhelm Holderied, Rainer Silbereisen, Stephan Kern - 1981
Hormtientong Somboon, Erhard Haller, Gerd Jäger, Alfred Görig, Jockel Heenes, Ingo Glass, Bodo Buhl, Reinhard Fritz, Franziska Ablinger, Angelika Hofmann - 1980
Nikolaus Gerhart, Dieter Villinger, Marianne Lautensack, Hans Seeger, Hansfried Münchberg, Shirley Shilling, Barbara Henning, Cristine Gruber, Ralf Meyer–Ohlendorf, Otto Künzli