Kultureller Ehrenpreis

Als höchste Anerkennung wird der Kulturelle Ehrenpreis vergeben. Er zeichnet Persönlichkeiten von internationaler Ausstrahlung für ihre besonderen Leistungen aus.

Für kulturelle oder wissenschaftliche Leistungen

Mit dem Kulturellen Ehrenpreis der Landeshauptstadt München, dotiert mit 10.000 Euro, wird seit 1958 jährlich eine Persönlichkeit von internationaler Ausstrahlung für ihre kulturellen oder wissenschaftlichen Leistungen ausgezeichnet.

Der Preis wird vergeben an Menschen, die eine enge Verbindung zu München als Ort des Schaffens haben.
Eine Jury schlägt dem Stadtrat den Preisträger* oder die Preisträger*in vor. Eigenbewerbung ist nicht möglich.
Der Jury gehören an: Fünf Fachjurorinnen, gegebenenfalls der Preisträger* oder die Preisträger*in des Vorjahres, der Oberbürgermeister, der Kulturreferent und fünf Mitglieder des ehrenamtlichen Stadtrats.

Den Kulturellen Ehrenpreis erhielten

Jurybegründung

Lothar Schirmer ist eine Universalgestalt der Kunst- und Buchwelt, wie es sie heute kaum noch gibt. Als einer der bedeutendsten Kunstbuch-Verleger im europäischen Raum genießt er großes internationales Renommee. In diesem Jahr feiert sein Lebenswerk, der Schirmer/Mosel-Verlag, 50jähriges Jubiläum. Der Kulturelle Ehrenpreis der Landeshauptstadt München kommt somit genau zum richtigen Zeitpunkt.

Lothar Schirmer selbst ist dagegen auf beste Weise wie aus der Zeit gefallen – und zugleich seiner Zeit immer voraus. Ein kultureller Visionär, der in seiner Studentenbude einst den ersten Band mit frühen Beuys-Zeichnungen zusammenstellte und heute weltbekannte Künstlerinnen und Künstler früh entdeckte, von Anselm Kiefer bis Bernd und Hilla Becher. Zwischen Schumann’s und Showroom mag Lothar Schirmer eine bunt schillernde Erscheinung sein, doch hinter der Kunst tritt er als ihr erster Verehrer stets zurück und schützt zugleich „seine Künstler“, beschirmt sie über Jahrzehnte, wie es sein Name verspricht.

Als bahnbrechend gilt, dass er die Fotografie von Anfang an als eine eigenständige Kunstform erkannt und ihr auf Augenhöhe mit den traditionelleren Künsten Würdigung verschafft hat. So war Schirmer/Mosel einer der ersten Verlage mit Schwerpunkt Autorenfotografie und machte etwa den wiederentdeckten August Sander innerhalb weniger Jahre zum modernen Klassiker. Im Laufe der Zeit hat sich das Programm stärker verästelt, sei es in Richtung Bildende Kunst, Mode, Film oder Literatur. Und all diese Äste tragen schönste Früchte – oder gar Pilze, wie im Fall der Pilzdrucke des Schriftstellers und Nobelpreisträgers Peter Handke.

Lothar Schirmers Verlag steht für sorgfältig kuratierte Bücher, die Ästhetik mehr als bloß abbilden; sie machen sie in ihrer Tiefe erfahrbar, mal sinnlich, mal puristisch. Besonders das umfangreiche und herausragend qualitätvolle Kunstbuch-Programm mit zahlreichen Standardwerken ist von enormer Bedeutung: für die zeitgenössische Kunst, ihre Vermittlung und für München als Kunstmetropole, aber auch als Stadt mit historischer Verantwortung. Denn nicht zuletzt ist es Lothar Schirmer gelungen, Künstlerinnen und Künstler wie Joseph Breitenbach oder Gisèle Freund für den Verlag zu gewinnen, die im Nationalsozialismus verfolgt und vertrieben worden waren.

Wichtiger Antrieb für Lothar Schirmers Schaffen war von Beginn an nicht nur die Kunst selbst, sondern auch das Sammeln von Kunst. So hat sich das Interesse des Kunstsammlers Lothar Schirmer, der bereits als Schüler mit ersten Werken von Roy Lichtenstein oder Cy Twombly den Grundstein für seine spätere Sammlung legte, langsam und auf wundersame Weise mit dem Verlagsprogramm verflochten. Die Sammlungsschwerpunkte Lothar Schirmers spiegeln entsprechend auch die Verlagsgeschichte – und den handgeschnitzten Eigensinn des Verlegers: Ohne schöne Bücher und Bilder, ohne Eleganz und verschmitzten Glamour wäre ein Leben zwar möglich, aber natürlich völlig sinnlos.

Längst legendär ist neben Lothar Schirmers weitsichtigem Gespür für kommende Themen und Werke sein Kooperationsgeschick. Er zählt zu jenen begnadeten Möglichmachern, die am Ende alle Partner gleichermaßen glänzen lassen und stärken. Denn keinesfalls will er in seinem ästhetischen Welttheater allein in der Loge sitzen. So bestehen etwa enge Verbindungen zwischen Verlagsprogramm, der Sammlung Lothar Schirmer und den Beständen der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, eine Langzeitbeziehung, die 1980 mit der Arbeit „zeige deine Wunde“ von Joseph Beuys im ehemaligen Atelierflügel Franz von Lenbachs ihren Anfang nahm und in Lothar Schirmers großzügige Schenkung seiner bedeutenden Sammlung von Beuys-Werken ans Lenbachhaus mündete.

In der oft von schnelllebigen Trends geprägten Kunstwelt sind Lothar Schirmers engagierte Hingabe und wertschätzende, integre Haltung ein leuchtendes Beispiel für das dauerhafte Zusammenwirken von Leidenschaft und Expertise. Als Pionier, melancholischer Monolith und weiser Schalk im Nacken des Kunstbetriebs bleibt er unentbehrlich.

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