Gemeinsame Forderung nach auskömmlicher Aufgabenfinanzierung
In einem deutschlandweiten Schulterschluss wenden sich die Hauptstädte aller 13 Flächenländer an Bundeskanzler Friedrich Merz und alle Landesregierungen.
Pressemitteilung
Gemeinsame Pressemitteilung der Hauptstädte aller deutschen Flächenländer
Konnexität fehlt: Hauptstädte aller Flächenländer fordern gemeinsam von Bund und Ländern auskömmliche Finanzierung der ihnen übertragenen Aufgaben
(29.10.2025) In einem deutschlandweiten Schulterschluss wenden sich die Hauptstädte aller 13 Flächenländer an Bundeskanzler Friedrich Merz und alle Landesregierungen. Aufgrund ihrer zunehmend prekären Haushaltslage fordern sie unisono eine Neujustierung der Grundsätze der kommunalen Finanzausstattung.
Denn das so genannte Konnexitätsprinzip, wonach Kommunen für ihnen übertragene Aufgaben auch deren auskömmliche Finanzierung gestellt bekommen müssen, gilt nur auf Länderebene – nicht für die Übernahme von Aufgaben des Bundes. Das hat vor kurzem ein von der Landeshauptstadt Stuttgart beauftragtes Rechtsgutachten des Würzburger Verfassungsrechtlers Professor Kyrill-Alexander Schwarz untermauert. Der Umstand bringt die Kommunen bundesweit zunehmend in Bedrängnis. Daher haben jetzt die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister von Stuttgart bis Kiel, von Saarbrücken bis Dresden einen dringenden Appell an Bund und Länder gerichtet.
Finanzierungsdefizit von 24,8 Milliarden Euro
Die kommunale Finanzausstattung weist grundlegende Strukturprobleme auf: Aufgaben werden übertragen, ohne dass ein angemessener finanzieller Ausgleich erfolgt. Dies führt zu immer größeren Belastungen der kommunalen Haushalte. Allein 2024 lag das kommunale Finanzierungsdefizit bei 24,8 Milliarden Euro – dem höchsten Wert seit 1990. Haupttreiber sind steigende Sozialausgaben (insbesondere Sozialhilfe, Kinder- und Jugendhilfe sowie Eingliederungshilfen) und wachsende Personalkosten infolge von Tarifsteigerungen. Rund 95 Prozent dieser Soziallasten tragen Landkreise, kreisfreie Städte und kommunale Verbände.
Daneben sind die Kommunen unter anderem beim Krankenhausbetrieb und beim ÖPNV (Deutschlandticket) unterfinanziert. Die Schere zwischen kommunalen Einnahmen und Ausgaben öffnet sich damit immer weiter. Die Stadtspitzen der Hauptstädte der Flächenländer bekräftigen vor diesem Hintergrund die wiederholten Forderungen des Deutschen Städtetags und der anderen Kommunalen Spitzenverbände und fordern ihrerseits Bund und Länder auf, bei der anstehenden Neuordnung der kommunalen Finanzausstattung folgende Grundsätze zu beachten:
Grundsatz 1: Wer bestellt, muss bezahlen.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, in jedem Gesetzentwurf, der künftige Belastungen für kommunale Ressourcen nach sich zieht, von vornherein eine vollständige und angemessene Kompensation vorzusehen.
Grundsatz 2: Wer bestellt hat, ohne zu bezahlen, muss dies nachholen.
Wir fordern die Bundesregierung dazu auf, einen Gesetzentwurf vorzulegen, mit dem der kommunale Anteil an der Umsatzsteuer so angepasst wird, dass bestehende Mehrbelastungen durch Bundesgesetze ausgeglichen werden. Sollte dies nicht möglich sein, sind die Kommunen durch Änderungsgesetze zu entlasten.
Übermäßige kommunale Kassenkredite, die ihre Ursache nachweislich in einer nicht auskömmlichen Finanzierung übertragener Aufgaben haben, müssen durch Bund und Länder übernommen werden.
Grundsatz 3: Keine Absprachen zulasten Dritter.
Wir fordern die Landesregierungen dazu auf, im Bundesrat künftig gegenfinanzierten Bundesgesetzen nur dann zuzustimmen, wenn die kommunale Finanzierung gesichert ist. Neue Belastungen müssen jeweils durch Landesrecht umgesetzt werden, damit die landesverfassungsrechtlichen Konnexitätsregeln greifen. Dies gilt auch für Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz.
Statement von Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter: „Eigentlich sollten diese Grundsätze in der Zusammenarbeit selbstverständlich sein – sind sie aber nicht. Seit Jahren erleben wir eine stetige Aufgabenhäufung bei den Kommunen durch Bund und Länder, ohne dass eine entsprechende finanzielle Ausstattung sichergestellt wird. Der Bund schafft, weil es bei den Bürgerinnen und Bürgern gut ankommt, neue Rechtsansprüche – zum Beispiel für die Kinderbetreuung, den Ausbau der Ganztagsbetreuung an Schulen oder beim Wohngeld. Das ist inhaltlich richtig und gesellschaftlich wichtig. Aber dann muss der Bund auch die finanziellen Mittel bereitstellen, die für die Umsetzung erforderlich sind. Nur den Rechtsanspruch zu schaffen, die Verantwortung jedoch auf die Kommunen abzuwälzen und sie mit den Kosten allein zu lassen, geht gar nicht.
Dass die Hauptstädte aller Flächenländer nun gemeinsam an einem Strang ziehen und deutlich machen, dass es so nicht weitergehen kann, ist ein wichtiges Signal. Dieses gemeinsame Vorgehen sollte endlich zu einem Umdenken bei Bund und Ländern führen – hin zu einer fairen Aufgabenteilung, bei der Verantwortung und Finanzierung im Gleichgewicht stehen.“
Achtung Redaktionen: Im Anhang finden Sie das Schreiben der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister an Bundeskanzler Friedrich Merz sowie an die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder.