Interkulturelle Qualitätsentwicklung (IQE)

Organisationsentwicklung zur rassismuskritischen Interkulturellen Öffnung von Einrichtungen: Stark gegen Diskriminierung und Barrieren.

IQE – Was bedeutet das?

IQE - Interkulturelle Qualitätsentwicklung

Interkulturelle Qualitätsentwicklung (IQE) ist ein Organisationsentwicklungsprozess mit dem Ziel, Diskriminierung und Barrieren in allen Bereichen der Organisation sichtbar zu machen und Ihnen entgegen zu wirken. So können Vielfalt und Chancengerechtigkeit in der Organisation gefördert und gleichberechtigte Zugänge zu Angeboten ermöglicht werden.

Die teilnehmenden Einrichtungen analysieren im Prozessverlauf ihre Strukturen, ihre Abläufe und das eigene Handeln rassismuskritisch und intersektional.

IQE ist ein langfristiger Prozess, der (selbst-)reflexive Lernprozesse anstößt. Mit Unterstützung durch die IQE-Berater*innen entwickeln die Organisationen Strategien und Maßnahmen.

Wie wird das praktisch umgesetzt?

IQE setzt einen Beratungsansatz aus Prozess- und Fachberatung um. Die zentralen Pfeiler sind die IQE-Workshops und der Arbeitskreis IQE. Jede Einrichtung bildet eine sogenannte Steuerungsgruppe. Das ist die Gruppe in der Einrichtung, die den interkulturellen Öffnungsprozess steuert und umsetzt. Zu Beginn nehmen die Mitglieder der Steuerungsgruppen an einer Basisfortbildung teil mit den Schwerpunkten
Migrationsgesellschaft, rassistische Diskriminierung und diskriminierungskritische Organisationsentwicklung.

IQE-Workshops

In regelmäßigen Inhouse-Workshops begleiten und unterstützen die IQE-Berater*innen die Steuerungsgruppen der Einrichtungen. Durch fachliche Anregungen, Impulse und mit vielfältigen Methoden unterstützt die Berater*in die Einrichtung darin, eine kritische Bestandsaufnahme durchzuführen und die eigenen Schwerpunkte für den IQE-Prozess festzulegen. Daran schließt die Umsetzungsphase mit Prozessworkshops an.

Arbeitskreis IQE

In einem trägerübergreifenden Arbeitskreis treffen sich Vertreter*innen aus den Steuerungsgruppen in den verschiedenen teilnehmenden Einrichtungen und beraten sich gegenseitig. Dieser kollegiale Austausch wird von einer IQE-Beraterin moderiert.

Zeitrahmen

Die Teilnahmedauer an IQE beträgt 2 bis maximal 2,5 Jahre. Die erfolgreiche Teilnahme wird durch die Landeshauptstadt München am Prozessende bescheinigt.

IQE ist ein kostenloses Regelangebot der Stadt München. Ein jährlicher Einstieg ist möglich.

Teilnahmevoraussetzungen sind:

  • die Einrichtung ist eine soziale, bildungs- oder gesundheitsbezogene Organisation im Münchner Stadtgebiet
  • die Leitung unterstützt das Projekt
  • Bereitschaft sich mit rassistischer Diskriminierung auseinanderzusetzen und sich selbst zu reflektieren
  • zeitliche Ressourcen werden zur Verfügung gestellt
  • Kontinuität und Verbindlichkeit wird gewährleistet
  • Förderung bzw. Zuschuss durch die Landeshauptstadt München

Abschlussberichte ausgewählter Einrichtungen

Am Ende des Prozesses verfasst jede Einrichtung einen Abschlussbericht. Seit 2011 haben mehr als 110 Einrichtungen aus dem Stadtgebiet München an der Interkulturellen Qualitätsentwicklung (IQE) teilgenommen. In den Abschlussberichten stellen die Einrichtungen ihre Prozesse und Ergebnisse dar. Die Berichte folgender ausgewählter Einrichtungen sind aus den letzten zwei Projektzeiträumen. Diese sind je nach Tätigkeitsfeld in die Bereiche „Soziales, Bildung, Gesundheit und Wohnen“ untergliedert.

Über uns

Liebe IQE-Interessierte,

das Projekt „Interkulturelle Qualitätsentwicklung“ (IQE) wurde bisher unter der Doppelträgerschaft der Beratungsdienste der AWO gemeinnützige GmbH München und der IG-InitiativGruppe e.V. geführt. Strukturelle Problemlagen durch diese Führung im Trägerverbund haben uns nach reiflichen Überlegungen zu einer einvernehmlichen Auflösung des Verbundes bewogen. Im Rahmen eines Trägerschaftsauswahlverfahrens soll die langjährige qualitativ hochwertige Arbeit des IQE-Projektes mit einem Träger gesichert werden.

Daher können neue Einrichtungen beziehungsweise die Einrichtungen, die im Herbst 2021 starten sollten, aktuell nicht aufgenommen werden und müssen auf einen Neubeginn frühestens im Herbst 2022 warten. Wir bedauern diese Unannehmlichkeiten.

Gleichzeitig möchten wir uns bei all denen bedanken, die durch ihr Vertrauen und ihr Engagement im IQE-Projekt über Jahre hinweg mitgearbeitet haben und damit auch einen wichtigen Beitrag zur interkulturellen Öffnung in ihrer Einrichtung, in der sozialen Landschaft und nicht zuletzt in der gesamten Münchner Stadtgesellschaft geleistet haben.

Dokumentation

 IQE-Fachtag „Interkulturelle Öffnung in der Vielfaltsgesellschaft: Dilemmata – Kritik – Weiterentwicklungen"

Am 10. Oktober 2019 fand der erste IQE-Fachtag statt. Der Fachtag sollte Raum bieten für eine kritische Auseinandersetzung mit gängigen Konzepten der Interkulturellen Qualitätsentwicklung und Interkulturellen Öffnung. Andere Perspektiven und Strategien aus der Vielfaltsgesellschaft wurden in den Fokus gerückt. Verschiedene Barrieren und Benachteiligungen sollen dadurch im Prozess der Organisationsentwicklung von vornherein mitberücksichtigt und abgebaut werden.

» Flyer Fachtag (PDF, 155 KB)

Vortrag 1: Erfahrungen und Herausforderungen aus der IQE-Praxis

Referentinnen: Anne Antrup, Franziska Arnold, Anke Kayser, Sonja Würschnitzer

Das IQE-Team führte mit verschiedenen Präsentationsformen inhaltlich in den Fachtag ein.

Anke Kayser stellte zunächst die Geschichte des heutigen Regelangebotes IQE und die Arbeitsweise von IQE vor.

» Präsentation IQE "Vorstellung" (PDF, 888 KB)

» Audiomitschnitt "Einführung” (MP3, 11565 KB)

EInblick in den Arbeitsalltag mit Rollenspielen

Anschließend gab das IQE-Team mit Rollenspielen Einblicke in den Arbeitsalltag. Die fiktiven Szenen griffen praxisnah sich wiederholende Fragestellungen und damit verbundene Dilemmata für die Beraterinnen auf.

Im ersten Rollenspiel stellte das IQE-Team eine Sequenz aus einem „erfundenen“ Workshop dar. Dies sollte Einblicke in die praktische Arbeit in den Workshops von IQE mit den am Angebot teilnehmenden Einrichtungen geben.

» Audiomitschnitt "IQE_Szene erfundener IQE Workshop” (MP3, 5058 KB)

In einem zweiten Rollenspiel wurde eine IQE-Teamsitzung inszeniert

In dieser Teamsitzung wurden fiktive Fallbeispiele besprochen. Diese Szene sollte insbesondere die Herausforderungen aus der konkreten Beratungsarbeit darstellen.

» Audiomitschnitt "IQE_Szene erfundene IQE Teamsitzung” (MP3, 7537 KB)

Schließlich fasste Franziska Arnold die wesentlichen Punkte aus den vorherigen Inputs zusammen und skizzierte nochmals die Dilemmata, mit denen sich das IQE-Team konfrontiert sieht. Daraus leitete sie die Fragestellungen ab, die auf diesem Fachtag zur Diskussion standen und von verschiedenen Seiten beleuchtet wurden.

» Präsentation: "Vortrag - 4 Fragen zur IQE“ (PDF, 421 KB)

» Audiomitschnitt "IQE_Zusammenfassung” (MP3, 2034 KB)

Vortrag 2: Die Gleichstellung rassistisch diskriminierter Menschen

Gelingensbedingung pluraler Gesellschaften

Referentin: Sophie Ali Bakhsh Naini, Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership, Citizens for Europe, Berlin

Der zweite Vortrag antwortete auf die zuvor skizzierten Dilemmata und daraus resultierenden Fragen. Sophie Ali Bakhsh Naini stellte im Vortrag die Ansätze vor, die das Team von "Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership" verfolgt, um die Idee einer inklusiven Gesellschaft konsequent und formalisiert in Maßnahmen, Programmen und Policies zu übersetzen. Sie ging auf die Bedeutung einer pluralen Gesellschaft und den damit verbundenen Erwartungen ein. Eine zentrale Forderung von "Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership" ist die Gleichstellung rassistisch diskriminierter Menschen.

Dieser Vortrag steht nicht zur Veröffentlichung zur Verfügung. Hier finden Sie ein Video mit einem inhaltlich vergleichbaren Vortrag von Daniel Gyamerah ebenfalls vom Team "Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership, Citizens for Europe", Berlin. 

Anschließend stellten die Referent*innen ihre verschiedenen Themen für die Foren am Nachmittag vor. Danach gab es einen offenen Raum für Austausch, die Teilnehmer*innen konnten sich über die verschiedenen Angebote und Foren bei den Referent*innen informieren und sich untereinander vernetzen.

Vertiefende Foren am Nachmittag

Am Nachmittag fanden vier verschiedene Foren statt, die sich mit unterschiedlichen Aspekten der Qualitätsentwicklung in der Vielfaltsgesellschaft befassten.

1. Diversität in öffentlichen Einrichtungen

Vorstellung der Pilotstudie unter Führungskräften der Berliner Verwaltung

Referentinnen*: Sophie Ali Bakhsh Naini & Deniz Yıldırım vom Team Vielfalt entscheidet – Diversity in Leadership, Citizens for Europe, Berlin

Inhaltliche Schwerpunkte:

Eine Gesellschaft ist so offen, wie ihre Institutionen es sind. Mit der Pilotstudie „Diversität in öffentlichen Einrichtungen - Antidiskriminierungs- und Gleichstellungsdaten in der Praxis“ hat das Team von Citizens For Europe erstmalig im deutschsprachigen Raum differenzierte Daten entlang aller Vielfalts- und  Diskriminierungsdimensionen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes erhoben, in ihrer Verschränkung berücksichtigt und in Bezug auf die fehlende Repräsentation rassistisch Diskriminierter ausgewertet. Zudem wurden die Führungskräfte zu Strategien und Diversity-Politik befragt. Die Pilotstudie ermöglicht auch nicht-intendierte strukturelle Diskriminierungen sichtbar zu machen, die verhindern, dass unterrepräsentierte Gruppen in den betreffenden Institutionen gleichgestellt werden. Durch diese Form der Befragungen werden Inklusionsthemen zum Strategie- und Personalthema. Im Forum wurden die Ergebnisse der Pilotstudie vorgestellt und diskutiert.

2. Rassismuskritische Schutzräume schaffen! Für eine vielfältigere Klientel

Referent*innen: Tina Garway & Naim Balıkavlayan, München

Inhaltliche Schwerpunkte:

Wie ist es möglich, intersektionale Räume zu schaffen, die für eine vielfältigere Klientel ansprechender sind. Ziel des Workshops war es, Wege und Möglichkeiten aufzusuchen, Schutzräume zu schaffen, in denen Menschen in der Sozialen Arbeit authentisch empowert werden können.

3. Rassismuskritische Räume in Organisationen gestalten!

Referent*innen: Anastazja Zydor & Stefan Lutz-Simon, Jugendbildungsstätte Unterfranken, Würzburg

Inhaltliche Schwerpunkte:

Menschen sprechen Menschen an. Die Zusammensetzung eines Teams entscheidet dabei über die Frage, wer sich durch wen angesprochen fühlt. Wie aber ist es möglich, ein Teamsetting zu gestalten, das für ein vielfältigeres Klientel respektive eine diversere Teilnehmer*innengruppe ansprechend ist? Ziel des Forums war, Organisationsentwicklungen und -strukturen rassismuskritisch zu reflektieren. Wo und wie werden unterschiedliche Erfahrungswelten einer Migrationsgesellschaft sichtbar gemacht? Wo und wie werden Schutzräume gewährleistet und neue Räume geschaffen, in denen Kolleg*innen mit Diskriminierungs- bzw. Rassismuserfahrungen in der Sozialen Arbeit Empowerment und Solidarität erfahren und sich Kolleg*innen ohne diese Erfahrungen selbstkritisch mit ihren damit verbundenen Privilegien auseinandersetzen?

» Informationsmaterialien zu dem Forum: „Öffnungsprozesse in Organisationen“ (PDF, 849 KB)

4. Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung

Referent*: Dr. Andrés Nader, Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie (RAA) e.V., Berlin

Inhaltliche Schwerpunkte:

Gegenstand des Gesprächs in diesem Forum war die diskriminierungskritische Weiterentwicklung der eigenen Arbeitspraxis bzw. der eigenen Organisation. In diesem Rahmen wurden der Ansatz der RAA Berlin, "Diversitätsorientierte Organisationsentwicklung", und weitere Begriffe und Konzepte erläutert.

Abschlussplenum

Die Referent*innen stellten die Hauptdiskussionspunkte aus den Foren und damit zusammenhängenden Fragen und mögliche Antworten kurz dar. Vor dem Hintergrund des rassistischen und antisemitischen Terroranschlags in Halle am 09.10.2019 forderten Referent*innen eine eindeutige, klare Haltung und Antwort von der Politik und der Zivilgesellschaft.

Das IQE Team bedankt sich bei allen Referent*innen, Teilnehmer*innen, dem Zuschussgeber Landeshauptstadt München und insbesondere bei unserer Kollegin Anne Antrup, die maßgeblich zur Gestaltung des Fachtags beigetragen hat.

Bei Fragen zu dem Fachtag oder unserem Angebot „IQE – Interkulturelle Qualitätsentwicklung“ können Sie uns gerne per E-Mail iqe@awo-muenchen.de oder telefonisch unter 089 54 42 47 20 kontaktieren.