Debütförderung für Freie Theaterschaffende

Für Künstler*innen aller Altersgruppen, mit dieser Förderung soll ihr Weg in die künstlerische Professionalität erleichtert werden.

Über die Förderung

Die Landeshauptstadt München vergibt jährlich Debütförderungen in Höhe von bis zu 20.000 Euro für ein konkretes Arbeitsvorhaben im Bereich Theater.

Ziel ist es, erste professionelle Projekte, deren künstlerischer Ansatz und qualitativer Anspruch als eigenständig und künstlerisch erfolgversprechend beurteilt werden, zu ermöglichen. Die eingereichten Vorschläge werden von einer Jury in Hinblick darauf geprüft.
Die Förderung richtet sich an Künstler*innen aller Altersgruppen, um ihnen den Weg in die künstlerische Berufstätigkeit zu erleichtern. Voraussetzung ist, dass sie im Rahmen beziehungsweise zum Abschluss ihrer professionellen Ausbildung oder durch eine gleichwertige Referenz ihren hohen künstlerischen und qualitativ eigenständigen Ansatz unter Beweis gestellt haben.

Die Debütförderung für freie Theaterschaffende erhielten

Bogner Carbó, Joe: Männlich*sein (AT)

Gemeinsam mit drei Künstler*innen unterschiedlicher Selbstzuschreibungen wird sich Joe Bogner Carbó aus einer queeren und heteronormativitätskritischen Perspektive mit der Krise von Männlichkeit auseinandersetzen. Immer noch beherrschen starre Männlichkeitsbilder die Identifikationsangebote, auch wenn es zunehmend Bestrebungen gibt, die binären Gender­konstruktionen zu überwinden. Die einen geraten in eine Krise, weil das tradiert heteronor­mative Konstrukt von Männlichkeit im Umbruch ist, indem neue, fluidere Geschlechterbilder entstehen, die anderen, weil ihr biologisches Geschlecht nicht deckungsgleich mit ihrer Iden­tität ist und der Anspruch wächst, eine eigene Lesart von Männlichkeit ausfüllen zu wollen. Im Rahmen der Debütförderung soll kollektiv ein mehrperspektivisches Stück entwickelt wer­den, in dem die unterschiedlichen Perspektiven des Autor*innenkollektivs einfließen - eine amab nicht-binäre Perspektive, eine afab nicht-binäre Perspektive, eine cis-weibliche und eine cis-männliche Perspektive. Die Vielstimmigkeit der Männlichkeitsbilder verspricht eine Reflexion von Männlichkeit und ihren Konstruktionsmechanismen und öffnet einen Möglich­keitsraum, Männlichkeit anders zu bestimmen und zu leben. In Zeiten, in denen das Gendern an Schulen mancher Bundesländer untersagt wird, Drag-Lesungen verboten werden und ein zunehmend aggressiver werdendes Klima eines gesellschaftlichen Roll Backs spürbar wird, erscheint der Jury ein Projekt, das sich mehrperspektivisch und kritisch mit der sozialen und kulturellen Konstruktion von Männlichkeit, ihrer toxischen Deformation, ihren Zuschreibungs­mustern, alternativen Lebensformen und Identitätsentwürfen auseinandersetzt, absolut dring­lich als künstlerisches Instrument des demokratischen Dialogs und der Verständigung. Daher befürwortet die Jury die Debütförderung in Höhe von 19.700,00 €.

Kuonen, Fabiola: The Power of Saying No

Ein „Nein“ ist die vermeintlich leichteste und direkteste Form der verbalen Ablehnung. In „The Power of Saying No“ stellen sich Fabiola Kuonen und ihr Team dabei die Frage, wer – sozial und kulturell – überhaupt „Nein“ sagen kann, und wer nicht. Ausgehend von konkreten Erfah­rungen sowie Texten von V. Despentes und H. Melville sollen dabei subversive Praktiken als sinnlicher Erfahrungsraum präsentiert werden. Die Inszenierung möchte dabei auch an einer Überführung individueller Erfahrungen in die gemeinschaftsstiftende Kraft des "Nein"-Sagens arbeiten und so dessen empowerndes und solidarisches Potential künstlerisch untersuchen. Die Jury sieht hierin ein spannendes und poetisches Unterfangen einer jungen Künstler­*innen-Generation, die eigene Wege und Praktiken sucht, soziale und kulturelle Phänomene der Ungleichheit aufzuzeigen und ihnen entgegenzuwirken. Sie empfiehlt daher die Förde­rung von „The Power of Saying No“ in Höhe von 20.000,00 €.

Mandl, Leonard Bernd Henri: Stein and Leo show: the Game Show

In ihrer Spielshow “Stein und Leo show: the Game Show” wollen die beiden Künstler Stijnter Braak und Leonard Mandl die Zuschauer*innen in eine Installation schicken, deren Spielre­geln das Maximierungsprinzip von Monopoly aufruft und ad absurdum führt. Damit nehmen sie kritisch Stellung zu vorherrschenden Problematiken wie soziale Ungleichheit, Verteilung von Reichtum, Gewichtung lösbarer und unlösbarer Probleme etc. Der Antrag überzeugte durch die originelle Idee und die konkreten und auch skurrilen Szenarien der Umsetzung. Daher befürwortet die Jury die Debütförderung in Höhe von 20.000,00 €.

Truong, Benjamin: Hörst Du mich (AT)

Ausgangspunkt für den Antrag „Hörst Du mich“ (AT) von Benjamin Truong ist das Unbehagen darüber, zu wenigen Viet-Deutschen der zweiten/dritten Generation in der eignen Theater-Bubble in München zu begegnen. Das Vorhaben möchte der sichtbaren Unterrepräsentation entgegenwirken und Viet-Deutschen signalisieren, dass ihre Geschichten erzählenswert sind und sie ihren Platz im Theater haben. Sprache – Sprachlosigkeit und Sprechfähigkeit – sind die Themen, an denen sich der geplante Abend entlang bewegen wird. Szenisch soll danach gesucht werden, „das Scheitern der Kommunikation mit der Familie im eigenen Heim und nach Draußen, das Unverständnis von Sprachlosigkeit für das Publikum nachvollziehbar dar­zustellen.“ Erarbeitet wird ein Sprechtheaterstück mit (Live-)Musik und geplanterweise zwei Darsteller*innen; Textbeiträge stammen von zeitgenössischen vietnamesischen Autor*innen wie z.B. Ocean Vuong. Die Jury ist von den Ideen der musikalischen und textlichen Umset­zung im Spannungsverhältnis einer Darstellung von Kommunikations(un)vermögen in einem weitestgehend „leer“ gestalteten Raum angetan und sieht im gewählten Sujet einen Beitrag dazu, „Identitätsfindung“ auch für die Gewinnung von erweitertem Publikum im (freien) Thea­ter zu positionieren. Die Jury schlägt die Förderung für „Hörst Du Mich?“ im Rahmen der De­bütförderung in Höhe von 20.000,00 € vor.

 

  • 2023
    Johannes Böhringer: Evolution of being me (AT); Daniela Gancheva: Die Badewanne. Frauen im Krieg; Anna Malena Große: Das Bild der einsamen Soldat(in) – ein Trialog; Lennart Boyd Schürmann: EROS (encore);
  • 2022
    Ines Hollinger, Hörlin, Constanze Hörlin