Münchner Jahreswirtschaftsbericht 2023
Der Bericht summiert Kennzahlen und Indikatoren sowie ein aktuelles Branchenbild. Neu sind Wohlfahrtsfaktoren für Münchens soziale und ökologische Standortqualität.
Umfassenderes Bild

Der Münchner Jahreswirtschaftsbericht 2023 liefert wieder einen aktuellen Überblick über die Münchner Wirtschaft.
Der vorliegende Bericht berücksichtigt - neben der ökonomischen Analyse - neu auch soziale und ökologische Wohlfahrtsindikatoren. So bildet der Bericht auch Wohlstand und Lebensqualität der Münchner Bevölkerung ab.
Faktoren für den wirtschaftlichen Erfolg Münchens
Das Wirtschaftsjahr 2022 war schwierig. Die Rahmenbedingungen haben sich maßgeblich auf Münchens Wirtschaft ausgewirkt.
1. Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Ausgangslage (S. 9 ff)
Unmittelbare Folgen des Ukraine-Kriegs und mittelbare Auswirkungen der Corona-Pandemie:
- Lieferschwierigkeiten bei Vorprodukten
- starke Turbulenzen mit extremen Preisspitzen an den Energiemärkten
- ein sich ausweitender Mangel an Arbeitskräften
Zudem ein enormer Anstieg des Preisniveaus, der die Wirtschaft und auch die privaten Haushalte belastete:
Der Verbraucherpreisanstieg lag 2022 deutschlandweit bei 7,9 %, in Bayern bei 8,3 %; der Wert für München dürfte sich auf dem Niveau des bayerischen Wertes bewegen.
Trotz negativer Geschäftserwartungen entwickelte sich die Wirtschaftsleistung jedoch positiv: BIP Deutschland 2022: + 1,8 %; BIP Bayern 2022: +2,2 %. Erfahrungsgemäß liegt Münchens BIP über dem bayerischen Wert.
2. Münchner Arbeitsmarkt (S. 52 ff):
Hier waren die Entwicklungen positiv und die Arbeitslosigkeit sank deutlich:
Arbeitslosenquote fiel auf 3,9 %; im Jahr zuvor lag sie – coronabedingt – noch bei 4,5 %.
München liegt mit dieser Arbeitslosenquote über dem bayerischen Durchschnittswert von 3,1 %, aber deutlich unter allen anderen größeren deutschen Großstädten.
Die Zahl der Arbeitslosen im Agenturbezirk München ging im Jahresdurchschnitt 2022 um -6.275 zurück. Das entspricht einem Rückgang um -13 %.
Von dieser positiven Arbeitsmarktsituation profitierten Langzeitarbeitslose und vor allem jüngere Arbeitslose.
In München sind besonders stark nachgefragt: Softwareentwickler, IT-Anwendungsexperten, Fachkräfte für Buchhaltung und Unternehmensstrategie, Fachkräfte für Büro- und Sekretariatsarbeiten.1
3. Beschäftigung in München erreicht neues Allzeithoch (S. 13 f., S. 32 ff.)
2022 stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung um 3,4 %, das bedeutete 31.085 neue Beschäftigungsverhältnisse.
Mit insgesamt 939.542 Beschäftigten erreichte München einen neuen Beschäftigungshöchststand.
Die größten Beschäftigungszuwächse finden sich im Informations- und Kommunikationssektor: +8,5 % (+8.447 SV-Beschäftigte), im Bereich Unternehmensnahe Dienstleistungen: + 4,5 % (+ 6.280 SV-Beschäftigte) und im Gastgewerbe: 3.235 (+ 10,1 SV-Beschäftigte).
Besonderes Kennzeichen des Münchner Arbeitsmarktes ist weiterhin die hohe Akademikerquote: 40 % aller SV-Beschäftigten in München verfügen über einen akademischen Hochschulabschluss.
4. Städtische Finanzen: hohe Investitionsausgaben führen zu steigender Verschuldung (S. 75 ff.)
Hohe Gewerbesteuerzahlungen bilden die erfolgreiche Geschäftstätigkeit der Münchner Unternehmen ab und geben der Stadt so den Spielraum für Investitionen in Infrastruktur, Ausgaben für freiwillige soziale Leistungen, Investitionen in Umwelt- und Klimaschutz.
Gewerbesteuereinnahmen lagen 2022 bei rund 3,2 Mrd. Euro, etwas geringer als im Rekordjahr 2021.
Investitionen der Stadt steigen ebenfalls weiter: 2022 lagen die Investitionen bei 1,48 Mrd. Euro; für 2023 liegt der Wert bei 2,3 Mrd. Euro.
Aufgrund der hohen Investitionsausgaben stieg – trotz steigender Steuereinnahmen – dennoch die Verschuldung: Die Pro-Kopf-Verschuldung kletterte von 965 Euro/Einwohner (2021) auf 1.602 Euro/Einwohner (2022).
1 Quelle: ‚Jobmonitor‘, ein Auswertungstool der Bertelsmann-Stiftung, das online-Stellenanzeigen auswertet
Faktoren der Wohlfahrt
1. Der Indikator ‚Regionaler Wohlfahrtsindex‘ bezieht neben den Wirtschaftsaktivitäten auch ökologische und soziale Aspekte in die Beurteilung ein.
Dieser Index kommt zu dem Ergebnis, dass der Anstieg der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrtssteigerungen geringer ausfällt als der Anstieg der wirtschaftlichen Wertschöpfung. Beides steigt jedoch an.
Insgesamt ist die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt im Zeitraum von 2011 bis 2019 deutlich angestiegen. Gründe sind die Wirtschaftsentwicklung der Stadt, die gestiegenen Ausgaben für Bildung und Gesundheit, die bessere Anerkennung von gesellschaftlicher Arbeit und Ehrenamt.
Gründe für den etwas verlangsamten Anstieg der gesamtgesellschaftlichen Wohlfahrt sind die tendenzielle Erhöhung der Einkommensungleichheit, die leichte Verschlechterung der Umweltvariablen.
2. Umwelt- und Klimaschutz
Energieverbrauch sowie die Treibhausgasemissionen sind wichtige Indikatoren, um die Entwicklung der Umweltemissionen zu messen; eine Ausweisung nach Verbrauchssektoren macht dabei deutlich, wie viel dem Sektor ‚Industrie‘ sowie dem Bereich ‚Gewerbe, Handel, Dienstleistungen‘ an Emissionen zuzuordnen sind.
Bei der Entwicklung des Energieverbrauchs im Zeitraum von 1990 bis 2019 fällt auf, dass
- der gesamte Energieverbrauch im Langfristvergleich rückläufig ist: von 29.500 Gigawattstunden (1990) auf 24.500 Gigawattstunden im Jahr 2019.
- die größte Verbrauchseinheit stellt der Bereich ‚Gewerbe, Handel, Dienstleistungen‘ dar, wo rund 36 % der gesamten Energie Münchens verbraucht wird. Die Industrie hat einen Anteil von 9 %, private Haushalte 30 %, der Verkehr 23 % und die kommunalen Einrichtungen 3 %.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen):
THG-Emissionen sind seit 1990 deutlich und v.a. kontinuierlich gesunken.
Im Jahr 2019 war der Bereich, Gewerbe, Handel, Dienstleistungen‘ für rund 40 % der THG-Emissionen Münchens verantwortlich; der Industrieanteil lag bei 7 %, private Haushalte 27 %, Verkehr 23 %, kommunale Einrichtungen 3 %. Der Wirtschaftssektor ist für relevante Anteile bei Energieverbrauch und THG-Emissionen verantwortlich.
Rückgang der THG-Emission bei der Industrie seit 1990 um über 70 %, seit 2017 um rund 30 %. Im Sektor ‚Gewerbe, Handel, Dienstleistungen‘ liegen die Rückgänge seit 1990 bei rund -11 %.
3. Soziale Teilhabe (S. 54 ff.)
Für die soziale Teilhabe ist die Teilhabe am Arbeitsmarkt eine notwendige Voraussetzung. In München verbessern Rückgang der Arbeitslosigkeit und Zunahme der Beschäftigung die Ausgangssituation für die Betroffenen.
Statement Wirtschaftsreferent

Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft:
„Die Betrachtung von Wohlfahrtsindikatoren zeigt die Kosten der Wirtschaftsentwicklung auf. Demnach fällt die gesellschaftliche Wohlfahrt etwas geringer aus, als es der wirtschaftlichen Wertschöpfung entspricht. Ohne eine positive Wirtschaftsentwicklung kann es aber keine Wohlfahrtsentwicklung geben. Nur eine positive Wirtschaftsentwicklung eröffnet der Kommune Handlungsspielräume, die sie für freiwillige soziale und gesellschaftlich sinnvolle Leistungen nutzen kann.
Kommunale Arbeitsmarktpolitik verfolgt das Ziel, die soziale und gesellschaftliche Teilhabe für die Betroffenen zu erhöhen und damit einen Beitrag zur ausgeglicheneren Verteilung der stadtgesellschaftlichen Wohlfahrt zu leisten.
Das Referat für Arbeit und Wirtschaft hat aufgrund seiner Aufgabenstellung beides im Blick und arbeitet kontinuierlich an der Fortentwicklung des Standorts ebenso, wie an der Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt.
Münchens starke Stellung in den High-Tech-, Digitalisierungs- und Innovationsbranchen ist ein wichtiger Grund für die Robustheit und Stärke des Wirtschaftsstandortes. Das verleiht dem Standort die Widerstandsfähigkeit und die notwendigen Resilienz in aktuell schwierigen und wirtschaftlich herausfordernden Zeiten.“