Jahreswirtschaftsbericht
(5.7.21) Wo steht Münchens Wirtschaft nach mehr als einem Jahr Corona-Pandemie? Der aktuelle Bericht liefert alle wichtigen Daten und Fakten zum Wirtschaftsstandort
Münchner Wirtschaft 2021

Der Wirtschaftsstandort München war und ist je nach Sektor oder auch Vertriebsweg in höchst unterschiedlichem Umfang von den Auswirkungen der Pandemie betroffen.
Der hier vorliegende Münchner Jahreswirtschaftsbericht 2021 (pdf 1,3 MB) bietet - wie jedes Jahr - eine umfassende ökonomische Bestandsaufnahme des Wirtschaftsstandortes München, seiner verschiedenen Teilmärkte und wichtigsten Branchen. Er analysiert die ökonomische Entwicklung Münchens während der Corona-Pandemie und gibt einen Ausblick auf das noch laufende Jahr.
Indikatoren und Kennziffern der Münchner Wirtschaft 2020
Im folgenden finden Sie einige Eckdaten zu Münchens Wirtschaft in Corona-Zeiten.
- Auswirkungen auf Wirtschaftsleistung / Bruttoinlandsprodukt (BIP): Bis dato liegen nur Trendaussagen vor, die München etwa gleichauf mit Bayern sehen. Bayern lag 2020 bei -5,5 %, das sind -0,6 % mehr Rückgang als im Bundesdurchschnitt (→JWB 2021, S. 14 f.)
- Kaufkraft sinkt: coronabedingt sank 2020 die Kaufkraft in Deutschland (-2,4 %), in Bayern (-5,5 %) und in München (-2,3 %). Dennoch hat München weiterhin mit 32.912 € pro Einwohner die höchste Kaufkraft im Vergleich der deutschen Großstädte. Sie liegt knapp 38 % über dem Bundesdurchschnitt. (→JWB 2021, S. 13 f.)
- Weniger Unternehmensinsolvenzen: Aufgrund der ausgesetzten Insolvenzantragspflicht, die seit März 2020 bis Ende April 2021 galt, sind die Insolvenzen nicht gestiegen, sondern sogar zurück gegangen. In München lag der Rückgang bei -7,1 %, in Bayern bei -17,2 %. (→JWB 2021, S. 19 f.)
- Immobilienmärkte: Die Pandemie ließ die Umsätze bei Büroimmobilien sinken. In München verringerte sich der Flächenumsatz beim Büromarkt um -26 % (-200.000 m²). Zugleich stieg die Leerstandsquote auf 3,5 % (2019: 2,2 %). Damit liegt München im Schnitt der bundesdeutschen Entwicklung. (→JWB 2021,S. 63 ff.)
- Die Corona-Pandemie hat deutliche Spuren auf dem Münchner Arbeitsmarkt hinterlassen: Im Durchschnitt stieg die Arbeitslosenquote im Agenturbezirk von 3,3 % (2019) auf 4,5 % (2020) an - der höchste Wert seit 2015. Insgesamt erhöhte sich die Zahl an Arbeitslosen um 13.640 Personen im Agenturbezirk, das entspricht einen Plus von knapp 40 % gegenüber dem Vorjahr. Die Arbeitslosenzahl erreichte im Sommer 2020 ihren Höhepunkt; ab Herbst war schon ein deutlicher Rückgang der Arbeitslosen zu verzeichnen. (→JWB 2021,S. 63)
- Die Kurzarbeit sorgte dafür, dass die Arbeitslosigkeit nicht deutlich höher ausfiel: Erster Höchststand der Kurzarbeiter waren 20 % im Agenturbezirk München im April 2020. Nachdem die Zahl im Sommer/Herbst 2020 zurückging, stieg der Kurzarbeiteranteil zum Winter und Anfang 2021 wieder deutlich. Kurzarbeit wurde, anders als in der Finanzkrise, in deutlich mehr Branchen angewendet, etwa im Hotel- und Gaststättengewerbe, im Einzelhandel und im Bereich Messe und Event. (→JWB 2021,S. 48)
- Die Corona-Pandemie brachte den Münchner Beschäftigungszuwachs des letzten Jahrzehnts zum Stillstand. Doch insgesamt gab es keinen Beschäftigungsrückgang. Je nach Branche bietet sich ein unterschiedliches Bild: Die größten Beschäftigungsverluste finden sich im Gastgewerbe (-9,0 %), in Teilen der unternehmensnahen Dienstleistungen ( - 6,7 %) sowie im Kunst- und Kulturbereich (-7,4 %). Zuwächse verzeichneten der IKT-Bereich (+4,8 %), das Baugewerbe (+ 3,1 %) und Teile der unternehmensnahen Dienstleitungen (+2,3 %), besonders Rechts-, Steuer- und Wirtschaftsprüfung, Unternehmensberatung, Forschung & Entwicklung. (→JWB 2021, S. 15 f., S. 27, S. 33)
Auswirkungen der Corona-Pandemie auf einzelne Branchen
Gastgewerbe
Mit am stärksten von Corona-Krise betroffene Branche (→JWB 2021, S. 36 f.)
Zahlen liegen nur für Bayern vor
Umsatzeinbrüche lagen im Jahresdurchschnitt 2020 bei rund -40 %; in der Spitze (März/April und November 2020) sogar bei -80 %. Die Umsatzausfälle zeigten sich bei der Beschäftigungssituation:
- → Beschäftigungsrückgang Gastronomie: -10,3 %
- → Beschäftigungsrückgang Beherbergungswesen: -5,9 %
Während das Gastgewerbe Unterstützung durch staatliche Hilfen erhielt (z.B. Corona-Soforthilfe und weitere Bundes- und Landeshilfen), kamen in München konkrete Maßnahmen und Aktionen hinzu, z.B. ‚Sommer in der Stadt‘, Wirtshauswiesn, Einrichtung von ‚Schanigärten‘ und aktuell: ‚Tapetenwechsel in München‘
Besonders sichtbar war auch der massive Einbruch der Tourismuswirtschaft: Die Gästeankünfte sanken um -65,8 % (-5,76 Mio. Gäste) und die Einbrüche bei den Übernachtungen lagen bei -65,8 % (-11,26 Mio. Übernachtungen).
Mit Bearbeitung und Auszahlung der Corona-Soforthilfen ab März 2020 hat das Referat für Arbeit und Wirtschaft einen wichtigen Beitrag zur schnellen Unterstützung der besonders betroffenen Branchen zu Beginn der Pandemie geleistet.
Einzelhandel
Corona-Pandemie verschärft Situation (→JWB 2021, S. 35 f.)
Zahlen liegen nur für Bayern vor
Im Bereich des Einzelhandels war und ist seit einigen Jahren viel Bewegung, verursacht durch den steigenden Anteil des Online-Handels, den die Corona-Pandemie deutlich beschleunigte.
Über alle Sparten hinweg stieg der Umsatz des bayerischen Einzelhandels 2020 real um +6,4 %. Großen Anteil an diesem Plus trägt der Lebensmittel-Einzelhandel (+6,2 %) und ganz besonders der Internethandel, dessen Umsatzzuwachs bei +23,9 % für Bayern lag. Massive Einbußen verzeichnete der stationäre Einzelhandel mit Bekleidung, Schuhen und Lederwaren. In den ‚harten‘ Lockdown-Monaten lagen die Umsatzausfälle bei bis zu -80 %.
Im Einzelhandel zeigten sich zudem die fehlenden Touristen: Vor Corona wurden bayernweit jährlich rund 3 Mrd. Euro Umsatz durch den Tourismus erwirtschaftet, die nun fehlten.
Initiativen und Maßnahmen zur Unterstützung des Einzelhandels in München:
- → #muenchenhältzamm (Start April 2020): digitales Schaufenster, dass das vielfältige Wirtschafts- und Kulturleben der Stadt online sichtbar macht
- → #miagehnonline (Start April 2020): gemeinsame Initiative von RAW, UnternehmerTUM und Hochschule München begleitet und unterstützt kleine Unternehmen bei der Entwicklung aus dem Gastro-, DL- und Einzelhandelsbereich bei der Entwicklung von online-tools
- → darüber hinaus: Sommer in der Stadt 2020 + 2021, Münchner Online-Christkindlmarkt
Kultur- und Kreativwirtschaft
Corona erschütterte die Branche (→JWB 2021, S. 44 ff.)
Live-Festivals, Theater, Messen, Auftritte und Konzerte waren - und sind - nicht oder nur in stark eingeschränktem Umfang möglich.
Die Auswirkungen zeigen sich auf allen Ebenen der Branche:
- → ab 1. Lockdown: unmittelbare Einkommensmöglichkeiten gingen verloren, keine Möglichkeit Geschäftsausfälle nachzuholen; Situation ist seit April 2021 unmittelbar existenzbedrohend
- → Auftragsbranchen kürzen ihre Budgets, d.h. Aufträge für künstlerische und kreativwirtschaftliche Leistungen sinken anhaltend
- → neu entstandene digitale Formate in der Kultur- und Kreativwirtschaftsszene können Einkommensausfälle durch Corona nicht kompensieren
Das Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft regierte mit folgenden, auf Corona abgestimmten Angeboten auf die schlimme Situation:
- → gezielte Informations- und Beratungsangebote für Branche, z.B.
+ Hotline für Soforthilfeanträge
+ digitale Veranstaltungsreihe ‚KuK Corona‘ mit Infos und Hilfestellungen für staatliche Unterstützung
+ Corona-Sprechstunde, Corona-Newsletter, usw.
- → Aus- und Umbau des ‚Förderprogramms Crowdfunding Kampagne‘ um digitale Finanzierungsmöglichkeiten für Start-ups und Gründende, aber auch Soloselbständige und bereits existierende Unternehmen nachhaltig zu verbessern.
- Creative Hub -RUFFINIHAUS: zweijährige Zwischennutzung im Ruffinihaus startete im Dezember 2020 und schafft Platz für Selbständige und Unternehmen aus Kreativbereich inklusive Beratungen, Qualifizierungen und Vernetzungsangeboten durch KuK-Team
- Kreativlabor: 2.000 m² Atelier-, Büro- und Freiflächen in Containerbauten im Kreativquartier wurden 2020 neu geschaffen und stehen nun zur Vermietung zur Verfügung.
Verarbeitendes Gewerbe
Rasche Erholung nach erstem Lockdown (S. 28 ff.)
- Massive Auswirkungen während des ersten Lockdowns: Einbrüche im Außenhandel, Lieferengpässe bei Vorleistungen, teilweise Produktionsstilllegungen, die zu massive Umsatzeinbrüchen von -35 % auch bei Münchner Unternehmen führten.
- Ab Juni 2020 rasche Erholung der Branche, bis zum Jahresende war Vor-Corona-Niveau wieder erreicht.
- Im Jahresdurchschnitt 2020 hatte das Verarbeitende Gewerbe in München -8,8 % einen Umsatzrückgang zu verzeichnen. Auslandsumsätze sanken im Schnitt um -9,5 %. Münchner Werte sind damit etwas besser als der bayerische Durchschnitt.
- Diese massiven Umsatzeinbrüche führen zu entsprechenden Minderungen bei den Gewerbesteuervorauszahlungen, die normalerweise rund 25 % zur Gewerbesteuer in München beiträgt (zum Vergleich Ende 2020 nur noch 13 %).
Information- und Kommunikation (IKT)
Münchens Erfolgsgeschichte geht auch in Corona-Zeiten weiter (→JWB 2021, S. 39 ff.)
- Handelsblatt, Focus und SZ bestätigen: München ist DER High-Tech Standort in Europa; Hauptanteil hat daran der IKT-Sektor.
- Rund 93.000 SV-Beschäftigte, das sind mehr als 10 %, arbeiten in Münchens IKT-Sektor, hinzu kommen weitere 47.000 Beschäftigte im Umland.
- Seit 2015 lag der Beschäftigungszuwachs bei 31 % (+22.000 Stellen) und auch 2020 setzte sich dieser fort (s.o.)
- Global Player und Marktführer in München sind: Amazon Web Services, Apple, Google Deutschland, Huawei, IBM-Watson, Microsoft
- KI-Standort München: Neben IBM-Watson forscht etwa auch das Fraunhofer Institut für Angewandte und Integrierte Sicherheit an Schnittstelle zwischen IT-Sicherheit und KI
- Quanten-Technologie: Forschungsinitiative „Munich Quantum Valley“ startet 2021 mit finanzieller Unterstützung (330 Mio. Euro) des Freistaates und unter Beteiligung von Max-Planck-Gesellschaft, Fraunhofer-Institut, Bayerischer Akademie der Wissenschaften sowie LMU und TUM
Kommunale Finanzen
Corona-Pandemie verschlingt Gewerbesteuer (→JWB 2021,S. 70 ff.)
Münchens wichtigste Finanzierungsquelle, die Gewerbesteuer, brach im Jahr 2020 von rd. 2,7 Mrd. Euro auf nun 1,7 Mrd. Euro ein. Mit Hilfe der Ersatzzuweisungen von Bund und Land in Höhe von 670 Mio. Euro wurde das Defizit teilweise kompensiert.
In Folge dieser Einnahmeausfälle musste sich München erstmals seit 2006 wieder mit einem Betrag von 908 Mio. Euro neu verschulden. Die Pro-Kopf-Verschuldung Münchens, die 2019 noch bei einem Betrag von 412 Euro/Einwohner lag, stieg binnen eines Jahres auf 988 Euro/Einwohner.
Für das laufende aber auch die weiteren Jahre rechnet die Stadtkämmerei mit weiteren Einnahmeausfällen, bei weiterhin hohem Ausgabe- und Investitionsniveau der Stadt München.
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